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"Freihandelsabkommen" TTIP - Druckversion

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RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Mc Timsy - 27.02.2016, 18:21

@J-C

Es geht mir nicht darum dich zum TTIP Anhänger zu überzeugen, aber ich würde dir gerne immerhin helfen mit ein paar Einseitigkeiten aufzuräumen. Da du in deinem Post sehr eindeutige Aussagen verwendest gehe ich einfach mal auf ein paar dieser Punkte ein.

Zitat:Ach die Bevölkerung könnte also Druck ausüben.

"Die Bevölkerung" ist wesentlich zu kurz gedacht. Die teilt sich nämlich in unterschiedlichste Interessengruppen und Parteien auf, die teilweise erheblich auseinanderdriftende Interessen haben. Ganz so einfach ist es leider nicht.
Beispiel: Kulturpolitik. Frankreich hat eine sehr protektionistische Ader wenn es um Kulturgüter geht. Die Amerikaner vertreten da grundsätzlich eine sehr offene Ansicht. Die Geheimhaltung soll dafür sorgen, dass beide Seiten halbwegs vernünftig miteinander reden können, anstatt nach wie vor auf Wahlkampfziele oder populisische Meinungen Rücksicht nehmen zu müssen. Den Faktor hat man übrigens auch auf anderen politischen Ebenen. Wenn die Presse dabei ist, dann giften sich die Politiker nochmal besonders an, ziehen rote Linien und gebärden sich als die ultimativen Verteidiger ihres Wahlklientels, sobald die Türen zu sind und man nicht mehr "auf dem Marktplatz" steht redet man wieder ruhiger miteinander. Genau deshalb gibt es Themen, bei denen grundsätzlich keine Öffentlichkeit erwünscht ist, eben weil man dann auch mal sagen kann: "Leute, ich stimme euch ja zu, aber sowas kann ich meinen Wählern nicht vermitteln. Also kommt mir da bitte etwas entgegen, dann kann ich sagen wie hart ich gekämpft habe und wir haben einen Kompromiss." Der Grund also, warum der Finanzausschuss nicht öffentlich stattfindet. Wenn die Leute sich auch profilieren müssen, dann werden bestimmte Themen niemals gelöst werden, weil keiner bereit ist von seiner Position weiter als einen Millimeter abzuweichen.

Nicht nur in Europa, auch in Amerika haben mächtige Gruppen Interessen die Einfließen sollen und die sich oftmals widersprechen. Damit man überhaupt etwas entscheiden kann ist es manchmal notwendig die breite Öffentlichkeit draußen zu lassen. Was ich übrigens nicht als grundsätzliches Problem sehe, weil wir uns hier gerade erst in der Phase der Aushandlung einer Kompromisslösung zwischen den USA und Europa bewegen. Das Mandat reicht nicht so weit die Sache dann sofort Gesetz werden zu lassen. Mich persönlich stört an der Geheimhaltung in erster Linie, dass sie extrem selektiv ist. Manche Lobbygruppen haben mehr Einsicht als andere und das ist für den Diskurs extrem schädlich. Einmal weil weitere Akteure vielleicht auch legitime Ansichten einfließen lassen wollen, zum anderen weil die ausgeschlossenen sich, verständlicherweise dann lieber auf Gerüchte und Meinungsmanipulation in der Öffentlichkeit konzentrieren. Die Ausartung der Debatte in ein Sammelsurium aus tatsächlichen Risiken, Halbwahrheiten und manchmal auch dreisten Lügen ist in meinen Augen eine direkte Folge davon, dass man versucht bestimmte Gruppen komplett aus dem Entscheidungsprozess auszuschließen. Wären Parlamente und Verbraucherschützer zum Beispiel besser in der Lage die Verhandlungen regelmäßig offen zu kommentieren wäre es, vielleicht, etwas rationaler.


Zitat:Wenn das Volk aus guten Gründen TTIP nicht will, dann sollte man in der Form nicht weiter verhandeln sondern stattdessen eine bessere Version vorlegen. Dies geschah. Eine Art TTIP-light mit genannten Verbesserungen wurde ausgehandelt, doch wie gesagt gefiel das den Amerikanern nicht.

Um auf diesem Level an Vereinfachung zu bleiben. Das ist der Grund warum die Verhandlungen auch noch laufen. Beide Seiten machen Vorschläge, beide Seiten diskutieren und am Ende wird vielleicht, so ganz glaube ich nicht daran, ein Vertragsentwurf stehen den beide Seiten dann ratifizieren müssen. Beide Seiten versuchen ihre Interessen durchzubringen und eine ideale Version von was auch immer gab es dort bisher wohl nicht. Es gibt noch genügend Punkte neben den Schiedsgerichten, die keine Einigung erzielt haben und es gab, soweit mir bekannt, auch durchaus innerhalb der EU-Delegation genug Diskussionsstoff. Auch die Amerikaner treten nicht nur mit einem bestimmten Willen auf. Ganze Bundesstaaten machen Druck weil sie europäische Konkurrenz bei Lebensmitteln, oder bestimmte Regulierungen fürchten.
Ob "das Volk" "gute Gründe" hat etwas abzulehnen ist die eine Sache. Unabhängig davon forderst du aber genau das was im Grunde passiert. Wenn es nicht gefällt, dann muss weiter verhandelt werden und obwohl man Fortschritte in manchen Bereichen erzielt hat ist TTIP noch nicht verabschiedet.


Zitat:Sowas sollte man nicht mit Zeitdruck machen, sondern sowas so herausarbeiten, dass man was fundiertes und gescheites hat und nicht so einen Geheimvertrag, wo gemunkelt wird, dass da Lobbyisten am Werke waren.

Da kannst du aufhören zu Munkeln, es sind in beiden Delegationen Vertreter von Lobbyverbänden anwesend und es gibt innerhalb der Verhandlungsstruktur auf beiden Seiten Lobbygruppen die gehört werden und stärkere Einblicke erhalten. Im Gegensatz zu mancher Darstellung sind Lobbyisten keine Dämonen die kleine Kinder fressen, sondern Vertreter bestimmter, oftmals auch völlig legitimer Interessen. In diesem Sinne kritisiere ich ja auch die Verhandlungen wie sie gerade ablaufen. Manche Lobbyverbände können sich äußern und in die Verhandlungen einbringen. Manche können das nicht. Im Sinne der Fairness sollten immerhin auch Interessengruppen gehört werden, die nicht für die Industriezweige sprechen. Leider ist das nicht der Fall und obwohl ich persönlich gerne erst einmal sehen würde was am Ende ausgehandelt wurde, so sollte das Ergebnis schon ziemlich gut sein um die Geheimnistuerei zu rechtfertigen. Im Moment gehe ich allerdings nicht davon aus, dass TTIP am Ende tatsächlich in Kraft tritt, auch weil man so viele Interessengruppen bisher gezielt fern gehalten hat.


Zitat:Wieso sollen diese Länder ihre Wirtschaft nicht verstaatlichen dürfen? Das stört meiner Meinung nach nur Multikonzerne und vielleicht das eigene Volk, wenn diese Staatsunternehmen schlecht wirtschaften würden.

Wenn mal deine Bank oder Versicherung insolvent geht weil sie in Projekte im Ausland investiert hat und die dortige Regierung das über Nacht verstaatlicht hat reden wir noch einmal darüber. Es sind nicht nur "böse" Multikonzerne die von solchen Sachen betroffen sind, sondern sowas kann viele Firmen treffen, die irgendwie im internationalen Warenverkehr beteiligt sind.
Ich lasse jetzt einfach mal die ganzen ethischen Fragen von wegen Diebstahl oder Betrug außen vor, sondern möchte dich nur auf eine Sache hinweisen. Die selbe Logik, nach der die einzelnen Staaten die Verstaatlichung ausländischen Besitzes in ihren Grenzen rechtfertigen ist der Grund warum die Amerikaner diese Schiedsgerichte seit ein paar Jahrzehnten einführen.
Wenn der eine Staat sagt, dass er verstaatlicht um die Interessen seiner Wirtschaft zu schützen, dann sagen die Amerikaner, dass sie Schiedsgerichte einbauen um die Interessen ihrer Wirtschaft zu schützen. Du könntest sogar sagen, dass Amerika quasi dazu verpflichtet ist, die Interessen seiner Bürger, dazu gehören auch Anleger, im Ausland zu schützen. Beispielsweise indem die USA ihr möglichstes tun um die Investiotionen ihrer Firmen rechtlich abzusichern und sie dem direkten Zugriff der anderen Regierung teilweise zu entziehen. Willkommen in der Welt der Nationalstaaten, wo beide Seiten das Recht haben sich gegenseitig weh zu tun und beide in der Pflicht stehen irgendwie ihre eigenen Leute vor dem anderen zu schützen. Die mangelnde Fähigkeit von Nationalstaaten sich bei sowas sinnvoll auf gemeinsame Interessen zu verständigen ist der Grund warum Schiedsgerichte überhaupt verhandelt werden.


Zitat:Dazu sind Schiedsgerichte teils unproduktiv. So wollte man in Kanada zur Entlastung einer hoch frequentierten Straßenbrücke eine weitere Brücke bauen, doch dagegen klagte die Baufirma der ersten Brücke, "weil deren Brücke schon genüge"...

Das ist ein mir unbekanntes, aber auch relativ merkwürdiges Beispiel für die Arbeit von Schiedsgerichten. Normalerweise wollen die Leute eher auf Vattenfall usw. anspielen, der Fall den du hier benennst ist eher unintuitiv.
Darüber hinaus, wieso zur Hölle soll irgendein Gericht "produktiv" sein. Es geht bei einem Gerichtsurteil darum herauszufinden, welche Aktion rechtlich einwandfrei ist und welche durch das Gesetz geahndet wird. Wenn dein Beispiel so stattgefunden hat wäre noch interessant das Urteil zu kennen, denn normalerweise sind diese Gerichte eher für Urteile im Sinne des Wettbewerbs bekannt. Weniger dafür derartigen Protektionismus durchzuwinken.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Diego - 27.02.2016, 21:31

@HMND

Nun, immerhin etwas. Wie würdest du denn das Finanzsystem reformieren? Und erklär mir bei dieser Gelegenheit doch bitte gleich noch, wie eine nicht wachsende Wirtschaft funktionieren und überhaupt überleben kann. Und wenn sie nicht wachsen soll, was dann? Stagnieren? Schrumpfen?

Merkel und Co. (hm... hört sich nach Reichsbürgerrethorik [wegen der Deutschland GmbH]an Pinkie happy) mögen ihre Fehler und Schwächen haben. Das ist unbestritten. Und ich habe noch von keinem Politiker gelesen oder gehört, der sich bei seiner Arbeit mit Ruhm bekleckert hätte, gehört wohl zum Job. Aber immerhin gehen sie die Probleme der Gegenwart an, auf ihre Weise. Von dir kann ich das nicht behaupten, da habe ich bislang nur Wehklagen vernommen.
Aber du wirst ja meine Fragen oben beantworten, damit ich endlich sagen kann, daß von dir auch konstruktive Lösungsvorschläge zu hören sind. Nicht wahr?


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - HeavyMetalNeverDies! - 27.02.2016, 22:41

(27.02.2016)Diego schrieb:  Nun, immerhin etwas. Wie würdest du denn das Finanzsystem reformieren?

Die Geldschöpfung würde ich wieder verstaatlichen, ein Zinsverbot einführen sowie nationale bzw. regionale Sub-Währungen. Die Sub-Währungen könnten dann je nach Nation oder auch Region individuell auf- und abgewertet werden. Evtl. eine Tauschgebühr dafür erheben nationale Währungen gegen die europäische Gemeinschftswährung einzutauschen. Das würde Geldwechsel unattraktiv machen, die Binnenwirtschaft würde gestärkt werden. Speziell Luxus- und Import-Artikel werden empfindlich teurer, was dazu führt dass diesen Dingen in der Gesellschaft wieder mehr wert beigemessen wird, weniger konsumiert und weniger weggeworfen wird. Weiters würde sich die Nachfrage nach regionalen Ressourcen erhöhen, damit ist jetzt nicht speziell Gold oder Öl oder so Zeug gemeint, sondern alles was sich irgendwie zu irgend was weiter verarbeiten lässt.

Mit der Überflussgesellschaft ist es dann vorbei. Das würde allerdings Ressourcen und Umverteilungsprobleme lösen und zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen.

Zitat:Und erklär mir bei dieser Gelegenheit doch bitte gleich noch, wie eine nicht wachsende Wirtschaft funktionieren und überhaupt überleben kann. Und wenn sie nicht wachsen soll, was dann? Stagnieren? Schrumpfen?

Warum nicht. Ich persönlich bin ja ein Vertreter der Wachstumsrücknahme und genau genommen bräuchten wir auch kein Wachstum, wenn es nicht so wäre, dass Geld dadurch entsteht dass Schulden gemacht werden, weil das führt dazu dass die Verschuldung (dank der Zinsen) immer höher ist als das daraus entstandene Geld. Alte Schulden können im jetzigen Finanzsystem somit nur mit noch höheren neuen Schulden bezahlt werden. Wenn der Staat sein Geld selbst schöpft und sich nicht verschulden muss, dann gibt es keinen Grund für einen Wachstumszwang.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Diego - 27.02.2016, 22:51

Wenn du das Wirtschaftswachstum abschaffst, woran richtest du dann den Wert einer Währung im Vergleich zu einer anderen Währung aus? Die nationale Wrtschaftskraft verliert dann ja an Bedeutung. (Am besten du erklärst mir dies am Beispiel deiner Sub-Währungen, vieleicht begreife ich dann auch diese etwas besser.))

Wie willst du eigentlich verhindern, daß Unternehmen wachsen und somit ihre Wirtschaftskraft verstärken?

Wenn du Zinsen verbietest, wie willst du mit der garstigen Umbruchsphase umgehen?

Edit:

Hm... Vieleicht wäre ein Moderator so freundlich mit den bisherigen OT-Posts zwischen mir und HMND einen Extrathread zu eröffnen? Mein Vorschlag für einen Titel lautet, "HeavyMetalNeverDies! Pläne für eine bessere Welt" oder sowas. Smile


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - mowny - 28.02.2016, 01:29

(27.02.2016)Mc Timsy schrieb:  Nicht nur in Europa, auch in Amerika haben mächtige Gruppen Interessen die Einfließen sollen und die sich oftmals widersprechen. Damit man überhaupt etwas entscheiden kann ist es manchmal notwendig die breite Öffentlichkeit draußen zu lassen. Was ich übrigens nicht als grundsätzliches Problem sehe, weil wir uns hier gerade erst in der Phase der Aushandlung einer Kompromisslösung zwischen den USA und Europa bewegen. Das Mandat reicht nicht so weit die Sache dann sofort Gesetz werden zu lassen. Mich persönlich stört an der Geheimhaltung in erster Linie, dass sie extrem selektiv ist. Manche Lobbygruppen haben mehr Einsicht als andere und das ist für den Diskurs extrem schädlich.

Eben da liegt das Problem: Wenn sich amerikanische und europäische Interessen widersprechen, ist es legitim einen Kompromiß zu finden. In diesem Fall sind bereits Vertreter beider Interessen beteiligt und können sich auch ohne weitere Öffentlichkeit ihre Argumente um die Ohren hauen. Wenn allerdings beide Seiten mit den gleichen Lobbyistenwünschen bedacht werden, fehlt dank Geheimhaltung der Widerspruch zu deren Argumenten.
Eigentlich könnten die doch die Eingaben der Lobbyisten öffentlich machen, wenn sie es ernst mit der Demokratie nehmen würden. Aber dann könnte ja rauskommen, wieviel Verordnungen von Lobbyisten geschrieben werden.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Diego - 28.02.2016, 01:33

Hehe, die Hinterzimmerdiplomatie des 19ten Jhds. war da zumindest ehrlich. Da wurde dem einfachen Bürger einfach ins Gesicht gesagt, daß es ihn nichts angeht. [Bild: 973.gif]


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - J-C - 28.02.2016, 21:10

@McTimsy:

Hier die Geschichte wegen der Brücke

Mein IPhone löscht die ganze Zeit den Text, wenn ich beispielsweise von einem andern Tab aus eine Quelle anwählen will.

Am Ende ist es halt so, dass ein Milliardär ein Schiedsgericht dazu nutzen konnte, den bau einer neuen Brücke um 5 Jahre zurückzuwerfen.

Mein Vater hat's mir damals dramatischer erzählt und ich dachte, wenn der eigene Vater, welcher das Dreifache meines Alters hat, davon erzählt, wird er es schon wissen... :I


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Mc Timsy - 28.02.2016, 22:38

mowny schrieb:Eben da liegt das Problem: Wenn sich amerikanische und europäische Interessen widersprechen, ist es legitim einen Kompromiß zu finden. In diesem Fall sind bereits Vertreter beider Interessen beteiligt und können sich auch ohne weitere Öffentlichkeit ihre Argumente um die Ohren hauen. Wenn allerdings beide Seiten mit den gleichen Lobbyistenwünschen bedacht werden, fehlt dank Geheimhaltung der Widerspruch zu deren Argumenten.
Eigentlich könnten die doch die Eingaben der Lobbyisten öffentlich machen, wenn sie es ernst mit der Demokratie nehmen würden. Aber dann könnte ja rauskommen, wieviel Verordnungen von Lobbyisten geschrieben werden.

Im Grundsatz sind wir hier einer Meinung denke ich. Es trifft wirklich nicht meine Zustimmung, dass TTIP nur unter Mitwirkung relativ weniger Interessengruppen verhandelt wird. Ich sehe die Chancen, ich bin nicht bereit mich auf die Ebene der Weltuntergangsrufe zu begeben, aber ich habe gewisse Standards die ich bei der eigentlichen Verabschiedung erfüllt sehen möchte. Während der Verhandlungen finde ich es suboptimal, aber grundsätzlich schließe ich nicht aus, dass etwas akzeptables dabei herauskommen kann über das dann öffentlicher abgestimmt werden muss. Korrigiere mich wenn ich da falsch liege, aber dies wird wohl der Unterschied zwischen uns beiden in diesem Punkt sein.

Zum Thema Lobbyisten: Wir brauchen kein TTIP um irgendetwas "herauskommen" zu lassen. Such dir einfach Informationen dazu heraus, wo Lobbyisten mit Aufgaben in Ministerien betraut werden oder wie viele Infoveranstaltungen, Abendessen und sonstige Veranstaltungen von Lobbyverbänden oder einzelnen Interessengruppen jede Woche in Berlin stattfinden. Der Punkt kommt immer wieder in Diskussionen über das Thema auf und auch wenn ich die Kritik von mehreren demokratietheoretischen Standpunkten nachvollziehen kann, so wird dem Phänomen in meinen Augen eine völlig übertriebene Bedeutung beigemessen. Oft sind es die Politiker selbst, die um die Meinung und Vorschläge der Lobbies bitten, was auch Sinn macht, weil ein Abgeordneter der über Thema X abstimmt bestenfalls auch wissen sollte, was dieser Gesetzentwurf für die Betroffenen bedeutet. Deshalb ist meine Kritik an TTIP ja auch nicht, dass es zu viele Lobbies wären, sondern mir sind es einfach zu wenige.
Außerdem ist es nicht so atemberaubend viel wert einfach nur den Textvorschlag zu formulieren. Sowas kann theoretisch jeder machen und seinem Abgeordneten schnell vorbeimailen. Der spannende Teil ist die politische Diskussion der Entscheider. Lobbies stecke manchmal viel Zeit, Geld und Energie darein, bestimmte Absätze oder Aussagen in Entwürfe zu kriegen und manchmal funktioniert das, manchmal wird dein Abschnitt eiskalt gestrichen oder am Ende der Verhandlungen ist er durch Kompromisse so entfremdet, dass weder du noch deine Gegenspieler jetzt noch so richtig viel damit anfangen können. So lange die Leute mit den Wählermandaten nach wie vor in der Lage sind nach eigenem Ermessen zu entscheiden sehe ich da ehrlich gesagt wesentlich drängendere Probleme, sowohl für die Demokratie, als auch aus dem Bereich Lobbyismus heraus.

@J-C

Merci. Obwohl die Benutzung von MMNews mir leider noch so einiges klar werden lässt.

Der Artikel ist sehr reißerisch geschrieben und beschäftigt sich nur teilweise mit den Hintergründen. Offensichtlich ging es dem Autor ja nun tatsächlich nur um Stimmungsmache, was ok ist, für sowas gibt es die Pressefreiheit.
Aber nur so am Rande, dieses Gerichtsurteil hat absolut garnichts aufgehalten. Die Brücke wurde 2010 angekündigt und auch wenn das Schiedsgericht erst 2015 entschieden hat, dass es nicht zuständig ist, womit die ganze Dramatik der Situation letztlich flöten geht, ist der Prozess einfach weiter gegangen. Warum die Brücke noch nicht steht ist dabei auch vergleichsweise einfach. Bei großen Bauprojekten vergehen zwischen Ankündigung und Spatenstich schon so einige Jahre, besonders wenn zwei unterschiedliche Nationen betroffen sind. So hat bei diesem Bauprojekt beispielsweise Obama erst 2013 seine Zustimmung erteilt (Außenbeziehungen sind Bundessache). Es gab keine einstweilige Verfügung von irgendwem, dieses Projekt bis zu einer Entscheidung zu stoppen, deshalb lief die Sache weiter.

Nun ist die Tatsache, dass das Gericht sich für "nicht zuständig" erachtet hat in meinen Augen nicht gerade ein "unfassbares Ergebnis", wie es der Artikel nennt. Sowas kann dir auch vor staatlichen Gerichten passieren. Je nachdem auch mit einer entsprechenden Laufzeit. Ganz im Gegnteil finde ich diesen Beschluss sogar positiv, weil das Schiedsgericht hier vor den Entscheidungsbereichen anderer Rechtssprechungsorgane zurückgetreten ist und keine Möglichkeit für den Kläger darstellte, sich eine Paralleljustiz zu organisieren.

Ich könnte noch mehr an dem Artikel herausstellen, was mir definitiv zu aufreißerisch formuliert war um glaubwürdig zu sein. Aber es geht hier ja nicht in der Hauptsache um die Brücke in Detroit, daher belasse ich es einfach mal bei dem bisher geschriebenen.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - mowny - 29.02.2016, 02:06

(28.02.2016)Mc Timsy schrieb:  Im Grundsatz sind wir hier einer Meinung denke ich. Es trifft wirklich nicht meine Zustimmung, dass TTIP nur unter Mitwirkung relativ weniger Interessengruppen verhandelt wird. Ich sehe die Chancen, ich bin nicht bereit mich auf die Ebene der Weltuntergangsrufe zu begeben, aber ich habe gewisse Standards die ich bei der eigentlichen Verabschiedung erfüllt sehen möchte. Während der Verhandlungen finde ich es suboptimal, aber grundsätzlich schließe ich nicht aus, dass etwas akzeptables dabei herauskommen kann über das dann öffentlicher abgestimmt werden muss. Korrigiere mich wenn ich da falsch liege, aber dies wird wohl der Unterschied zwischen uns beiden in diesem Punkt sein.

Ich habe nicht so ganz das Vertrauen in das öffentlichere Abstimmen und befürchte, daß das einmal verhandelte Paket ohne Nachverhandlungen am Stück als alternativlos durchgedrückt werden soll, die Ratifizierung quasi zur Formsache degradiert und Kritik an einzelnen Punkten mit dem Verweis auf die schon genug Zeit in Anspruch genommen habenden Verhandlungen abgewürgt wird. War das bei TPP denn so viel anders?
Gerade deshalb ist es so wichtig, daß Kritik noch während der Verhandlungen eingebracht werden kann. Konkrete Kritik kann man aber erst dann entwerfen, wenn man weiß, was man überhaupt kritisieren kann.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Mc Timsy - 29.02.2016, 11:25

mowny schrieb:War das bei TPP denn so viel anders?

In der Tat ist es das. TPP ist noch garnicht in Kraft getreten. Es liegt ein ausgehandelter Vertrag vor und der muss innerhalb der nächsten zwei Jahren von den Verhandlungspartnern ratifiziert werden. In den USA wird das Verfahren vermutlich im Sommer, oder kurz nach den Wahlen starten und der Vertrag liegt jetzt für alle einsehbar vor. Es ist so eine: "Alles oder Nichts"-Abstimmung, womit ich aber kein gigantisches Problem habe. Wenn die Verhandlungspartner dem Kongress, oder in unserem Falle Bundesrat und Bundestag ein fertiges Packet vorlegen wollen, welches nur in Gänze angenommen oder abgelehnt werden kann, dann darf ich von erwachsenen Menschen, ob im Parlament oder außerhalb, auch die Fähigkeit erwarten für sich selbst abzuwägen ob man der Sache zustimmen möchte oder nicht. Natürlich nur, wenn der Vertragstext auch öffentlich bereit steht, was hier der Fall ist und gleiches erwarte ich bei TTIP.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - kommo1 - 02.05.2016, 17:18

Ausgerechnet Greenpeace bekommt nen Leak in die Finger. Der Stand der veröffentlichen Dokumente ist April. Also relativ aktuell.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Leon - 02.05.2016, 17:26

Dass die Regierung die Kritik wieder mal nur mit Beschwichtigungen und leeren Versprechungen, die nicht garantiert sind, kontert, macht das Ganze auch nicht viel besser.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - ... - 02.05.2016, 18:13

Die werden das durchdrücken, egal, wie sehr wir dagegen protestieren. Das ist den Regierungen so etwas von egal.
Glaubt ihr, so was wie ACTA ist vorbei? Niemals. So etwas wird immer wieder weiter versucht. Nur ist TTIP noch attraktiver für die Regierungen, weil mehr Geld.
Wer weiß, was hinter den Türen alles verhandelt wird? Sagen werden sie es uns nicht.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Firebird - 02.05.2016, 18:21

Denke eher, dass TTIP scheitern wird. Warum drängt denn Obama so sehr auf einen Verhandlungsabschluss noch dieses Jahr? Weil es ungewiss ist, ob einer seiner Nachfolger/innen da weitermachen werden. TTIP ist nämlich auch in den USA sehr umstritten. Da ist denen TPP (also das Transpazifische Handesabkommen) viel wichtiger, ausgefleischter und näher.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Space Warrior - 02.05.2016, 20:28

(02.05.2016)... schrieb:  Die werden das durchdrücken, egal, wie sehr wir dagegen protestieren. Das ist den Regierungen so etwas von egal.
Glaubt ihr, so was wie ACTA ist vorbei? Niemals. So etwas wird immer wieder weiter versucht. Nur ist TTIP noch attraktiver für die Regierungen, weil mehr Geld.
Wer weiß, was hinter den Türen alles verhandelt wird? Sagen werden sie es uns nicht.
Mit dem letzten Satz muss ich dir Recht geben, aber verhindern lässt es sich definitiv noch.

Firebird schrieb:Denke eher, dass TTIP scheitern wird. Warum drängt denn Obama so sehr auf einen Verhandlungsabschluss noch dieses Jahr? Weil es ungewiss ist, ob einer seiner Nachfolger/innen da weitermachen werden.
Hillary Clinton würde es definitiv durchbringen (sie ist dafür bekannt, korrupt und heuchlerisch zu sein), bei Trump weiß ich nicht - er hat sich allerdings dagegen ausgesprochen. Nur Sanders würderdie Verhandlungen definitiv abbrechen.

Zitat:Da ist denen TPP (also das Transpazifische Handesabkommen) viel wichtiger, ausgefleischter und näher.
Das ist angeblich noch schlimmer als TTIP.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - HeavyMetalNeverDies! - 02.05.2016, 22:15

Wow, da wird man [AT: deppert][DE: bekloppt] wenn man diese Texte liest. Derpy confused


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - J-C - 03.05.2016, 00:04

Soweit ich weiß, würde auch Trump TTIP abbrechen.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Nightshroud - 03.05.2016, 00:12

Trump sagt, TTIP und TPP nützen nur internationalen Großkonzernen und nicht der amerikanischen Industrie, weil es weiteres Outsourcing erzeugen würde. Daher ein schlechter Deal.


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - Firebird - 03.05.2016, 00:27

Bei Trump bin ich mir sicher, dass er sich gegen TTIP geäußert hat. Aber bei Hillary Clinton? Ich meine auch sie habe sich skeptisch geäußert und gesagt, für sie habe TTIP keine hohe Priorität und das heißt doch, dass sie es zumindest anzweifelt?


RE: "Freihandelsabkommen" TTIP - HeavyMetalNeverDies! - 03.05.2016, 00:42

(03.05.2016)Firebird schrieb:  Bei Trump bin ich mir sicher, dass er sich gegen TTIP geäußert hat. Aber bei Hillary Clinton? Ich meine auch sie habe sich skeptisch geäußert und gesagt, für sie habe TTIP keine hohe Priorität und das heißt doch, dass sie es zumindest anzweifelt?

Hillary Clinton ist eine notorische Lügnerin. Wenn sie was sagt, dann heißt dass überhaupt nichts. Da sie aber mit diversen Konzernen unter einer Decke steckt, würde ich mal davon ausgehen, dass Hillary Clinton TTIP unterstützt, zumal sie ja auch die Politik von Obama unterstützt.