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Normale Version: Moralgesetze
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Da ich so eben den folgenden Absatz von der Piratenpartei gelesen habe, wollte ich gerne wissen, wie Ihr es mit Moralgesetzen seht.

Zitat:Abschaffung von bloßem Moralstrafrecht

Auch stellt sich die Frage, ob ein moderner Staat das Recht hat, bestimmte Moralvorstellungen durchzusetzen, indem er entsprechende Verhaltensweisen unter Strafe stellt, obwohl sonst kein Rechtsgut Anderer verletzt wurde. Beispiele hierfür sind die §§ 173 und 184 StGB, die den Beischlaf zwischen einwilligungsfähigen volljährigen Verwandten und die Verbreitung pornografischer Schriften und sei es nur durch den Versand an einen willigen Empfänger unter Strafe stellen. Diskriminierend ist auch § 183 StGB, der nur exhibitionistische Handlungen von Männern, nicht aber von Frauen und "transsexuellen Eichhörnchen" unter Strafe stellt.
Quelle

Meiner Meinung nach darf es keine Moralgesetzte geben, das Moral von jedem unterschiedlich aufgefasst wird und wie in den genannten Beispielen entweder kein Schaden entsteht oder keine Gleichberechtigung besteht.

Es geht hier NICHT um die Piratenpartei, sondern um Moralgesetze. Also diskutiert bitte nicht über die Partei selbst, Danke.
Eigentlich ein recht interessanter Absatz zu lesen, jetzt muss ich zusehen dass ich höchstens 10min für den Post brauche bevor ich meinen Bus verpasse RD laugh

Die Einstellung, Moralgesetze abschaffen zu wollen, verstehe ich durchaus sehr gut. Selbiges gilt für mich im Bezug auf religiös beeinflusste Gesetzgebung. Ähnlich wie Moral kann sie, und dafür gibt es wohl mehr Beispiele als wünschenswert wären, oder vielmehr wird sie nicht selten von Menschen in Bereichen ausgelegt, für die sie eigentlich gar keine Zuständigkeit hat.
Hier hingegen sticht die Moral, deren "Bestimmung" es ist, ein Leitfaden für das menschliche Zusammenleben zu sein, etwas heraus. Natürlich hat sie viel Interpretationsfreiraum, ihr Begriff befindet sich ja auch ständig im Wandel, aber dennoch bietet sie den Menschen etwas stetiges, wonach sie ihr Leben ausrichten können.
Folglich ist es auch nicht ganz undenkbar, dass diese Menschen ihre Moralvorstellung, die vorherrschende Definition von Moral, auch gerne in Gesetzen fest verankert hätten, wie wir es in dem Zitat ja recht gut erkennen. Zwangsläufig muss es wohl auch von der Gesellschaft anerkannte Vorstellungen von Recht und Unrecht geben, um ein Gesetz aufzubauen. Die Kreativität bezüglich einer Neudefinition der oberen Begriffe oder deren Akzeptanz in der Gesellschaft sind hier nun einmal recht schwierige Themen.

anyways.
Moralgesetze, die keinem anderen Zweck dienen, als Menschen in ihrer persönlichen Freiheit einzuschränken und keine dritten betreffen, bzw in ihrer Exekution zwischen Männlein und Weiblein zu unterscheiden, stehe ich hier wohl genau so wie du gegenüber. Es zählt nicht zu den Aufgaben des Saates, diese persönliche Freiheit einzuschränken.

Der einzige Fall, in dem §173 für mich noch verständlich wäre, wäre allerdings die Zeugung von Nachkömmlingen, da es dabei nicht selten zu Behinderungen kommen soll. Was jedoch wirklich finde ich nicht ganz akzeptabel ist, ist deshalb Verwandten komplett zu untersagen, miteinander zu schlafen, wenn sie sich nicht zum Ziel gesetzt haben ein Kind zu zeugen.

Naja, whatever, auch wenn ich gern weiterschreiben würde werde ich mich an dieser Stelle verabschieden müssen, der Bus wartet nicht. Twilight happy
Meine Meinung zu Moralgesetzen ist, wie ich bereits zu einem anderen Thema geschrieben habe, dass diese rechtlich nicht vertrebar sind.

Moralgesetzte, welche etwas verbieten, allein aus dem Grund heraus, dass einige es als "falsch" ansehen, haben nichts mit einem Rechtsstaat zu tun.
Gesetzte sollten immer eine solide Basis haben, sprich wird das Recht eines anderen durch diese Tat eingeschränkt? Wenn ja, kann man es mit recht verbieten, wenn nicht, gibt es keinen Grund diese Tat unter Strafe zu stellen.

Außerdem kann sich die Moral auch ändern.
Vor einigen Jahrzehnten war die Homosexualität noch verboten, weil einige es als "unnatürlich" deklariert haben.
Mittlerweile ist es erlaubt, auch wenn es in den Köpfen einiger noch nicht 'klick' gemacht hat.
Der Punkt hierbei ist ganz einfach, dass Homosexualität nicht das Recht eines anderen einschränkt.

Aus diesem Grund bin ich komplett gegen Moralgesetzte, in sämtlicher Hinsicht.
Kommt auf das gesetz an. Ich finde das lässt sich nicht so einfach pauschalisieren. Die oben genannten Gesetze finde ich sinnvoll. Wer dennoch mit Verwandten sexuell tätig ist (und hoffentlich verhütet) und nicht großartig rumposaunt hat nicht groß was zu befürchten - trotz Gesetz. Dass man keine pornographischen Schriften verbreiten darf stört mich soweit auch nicht. Gibt sicher noch genügend andere Gesetze, einige Sinnvoll, andere nicht. Das die Piraten "abschaffen" schreien halte ich nicht für sinnvoll. Wenn, dann muss man sich durch den Katalog durcharbeiten andersrum schafft man mit einer Abschaffung vielleicht ein paar neue Vorteile, gleichzeitig aber auch neue Nachteile. Im Bezug auf Religions-bezogene Gesetze das selbe. Einige sinnvoll andere nicht.
Ehrlich gesagt habe ich ein kleines Problem mit der Verwendung des Wortes "Moral" bzw. "Moralgesetz" in diesem Zusammenhang, da ich keine eindeutige positive Definition für den Begriff "Moralgesetz" finden kann. Schließlich gehen die meisten Gesetze auf einen moralischen Ursprung zurück.

Wenn man eine andere gesellschaftliche Moralvorstellung zugrunde legt, sähe die Gesetzeslage in einigen Bereichen anders aus. Als Beispiels möchte ich hier den Utilitarismus heranziehen, also ein reines Nutzenmaximierungsprinzip. Demnach wäre es dann ohne Einwände erlaubt entführte Passagierflugzeuge abzuschießen, wenn diese bestrebt sind in Gebäuden mit sehr vielen Menschen oder in Atomkraftwerke zu stürzen, da hier noch mehr Menschen zu Schaden kämen als durch den reinen Abschuss des entführten Flugzeug [Ein sehr krasses aber wohl gut verständliches Beispiel]. Folglich fließen auch viele moralische Einflüsse in Gesetze ein, die eine Abwägung von Schäden implizit inne haben.

Hier ist wohl gemeint, dass eine Gesetzgebung dann zu unterlassen ist, wenn weder ein expliziter noch ein impliziter Schaden für die handelnen Personen sowie für die gesamte Gesellschaft zu erwarten ist. Der § 2 des GG (allgemeine Handlungsfreiheit) hat eine solche Vorangehensweise meines Erachtens schon gegeben, so dass beim oben genannten Gesetz (§ 173 StGb), wenn nötig vom Bundesverfassungsgericht begründet werden sollte, warum solche Handlungen strafbar sind. Beim gleichgeschlechtlichen Verkehr kann ich keine Begründung erkennen, warum ein Verbot aufgeführt werden sollte, da hier wirklich kein Schaden erkennbar ist. Allerdings sieht das beim Verkehr zwischen einem Mann und einer Frau schon anders aus, auch wenn beide verhüten. Hier bestimmt zumnindest die Gefähr, dass ein Kind gezeugt wird, so dass man über ein Verbot zumindest streiten kann.
Deadend
Zitat:Diskriminierend ist auch § 183 StGB, der nur exhibitionistische Handlungen von Männern, nicht aber von Frauen und "transsexuellen Eichhörnchen" unter Strafe stellt

~Bild wegen Spam entfernt ~Nastor


Eichhörnchen?!
(22.05.2013)HeavyMetalNeverDies! schrieb: [ -> ]Die oben genannten Gesetze finde ich sinnvoll. Wer dennoch mit Verwandten sexuell tätig ist (und hoffentlich verhütet) und nicht großartig rumposaunt hat nicht groß was zu befürchten - trotz Gesetz.

Diese Aussage ist aber unlogisch. Du sagst das dieses Verbot gut ist (begründe das doch bitte), allerdings sagst du im gleichen Atemzug "Macht was Ihr wollt, lasst euch nur nicht erwischen". Wenn man es also in deinen Augen durchaus machen darf, warum dann verbieten?

(22.05.2013)Lazy Dream schrieb: [ -> ]Als ich den Eingangspost gelesen habe, musste ich sofort wieder an den Zoophilie-Thread denken.
Die deutschen Gesetze erscheinen oft sehr logisch, aber bei Zoophilie konnte ich keinen Grund finden, zu sagen, dass es per Gesetz verboten gehört.

Da du das Beispiel gerade anführst, es wird derzeit darüber entschieden es gesetzlich verbieten zu lassen. Oft habe ich das Gefühl das Gesetze nach dem Motto "Weil nicht seien kann, was nicht seien darf" erlassen werden.

(22.05.2013)Killbeat schrieb: [ -> ]
Zitat:Diskriminierend ist auch § 183 StGB, der nur exhibitionistische Handlungen von Männern, nicht aber von Frauen und "transsexuellen Eichhörnchen" unter Strafe stellt

Eichhörnchen?!

So 100%ig habe ich dies auch nicht verstanden, allerdings gibt es hier ein paar Hinweise: Link



Moralgesetz mag nicht der 100%ig passende Begriff zu sein. Allerdings wird es im Volksmund so genannt. Man braucht nicht immer jedes Wort auf seine Sinnhaftigkeit zerpflücken.

Um es besser auszudrücken könnte man es wie folgt nennen: "Gesetzte welche eine Handlung Strafbar machen welche keine negativen Auswirkungen auf andere Personen oder die Gesellschaft haben."

Das könnte man aller Bürokratendeutsch sicherlich noch erweitern.
Sobalt ein gesetzt auf eine Begründung der art "Weil es so gut ist oä." hinausläuft sollte man sehr sehr stark darüber nachdenken ob diese nicht überflüssig sind.

Beispiel am Sex von verwanten: Ich finde hier gibt es keine wirkliche begründung das überhaupt zu verbieten. Kinder zeugen und auch Kriegen ist wie ich denke auch eine ganz andere Sparte und da gibt es auch entsprechende Begründungen wie zum beispiel erhöhte Behinderungs gefahr etc. Dennoch sollte der Sex dann nicht unter strafe stehen und verboten sein.

Etwas zu verbieten nur weil ein teil (idealerweise die mehrheit) der gesellschaft es als falsch ansieht ohne das es irgendeinen Geschädigten gibt finde ich generell falsch.

Ein anderes Beispiel wären Raucherclubs. Nichtraucherschutz ist schön und gut aber stätten zu verbieten die explizit und ausgezeichnet das rauchen erlauben finde ich ist zuviel des guten weil jeder selbst entscheiden kann ob er nun das etablissement besuchen möchte (oder dort arbeiten möchte) oder nicht.

Zu guter letzt denke ich das gesetze die sich durch religion begründen keine platz in der deutschen rechtspreung haben allein schon das dadurch die trennung von religion und staat verletzt wird. Das fängt bei mir schon bei expliziten blasphemie gesetzen an die unter strafen stellen das ich sagen "Gott ist ein arschloch". Sowas hat nichts in unserer Rechtsprechung zu suchen und fällt für mich maximal im bereich der beldeidigungen aka: "deine mutter ist ein arschloch."
(22.05.2013)Gray schrieb: [ -> ]Um es besser auszudrücken könnte man es wie folgt nennen: "Gesetzte welche eine Handlung Strafbar machen welche keine negativen Auswirkungen auf andere Personen oder die Gesellschaft haben."

Wenn Du Moralgesetz so definierst bin ich ebenso der Ansicht, dass dies zu 100 % abzulehnen ist!

Allerdings ist der Begriff "Moral" ja vielschichtig. Für viele ist Moral etwas grundlegend schlechtes. Tatsächlich gibt es aber "gute" und "schlechte" Moral und ich würde sogar sagen, dass es eine objektive Moral gibt, welche über einen allgemeinen Konsens hinausgeht. Nämlich jene Moral, die sich aus einer naturalistischen Ethik herleiten lässt. Beispielsweise, dass man dem Menschen als bedürftiges Wesen, keine seiner Grundbedürfnisse verweigern darf. Aber auch unter konsensfähiger subjektiver Moral gibt es Beispiele für "gute Moralgesetze". Ein Beispiel hierfür wäre unsere Sozialgesetzgebung. Hierbei unterstützt sich eine Wertegemeinschaft im Notfall gegenseitig. Die Zugehörigkeit zu dieser Wertegemeinschaft ist jedoch nicht optional sondern zum Großteil gesetzlich verpflichtend. Hierbei würde ich als ein Befürworter des Sozialstaates von einer guten moralisch motivierten Gesetzgebung sprechen.



Edit:
Warum sind so viele dagegen, Moralgesetze abzuschaffen? Deren ausführlich dargelegte Meinung würde mich ja mal sehr interessieren.
(22.05.2013)CharlesErnestBarron schrieb: [ -> ]Aber auch unter konsensfähiger subjektiver Moral gibt es Beispiele für "gute Moralgesetze". Ein Beispiel hierfür wäre unsere Sozialgesetzgebung. Hierbei unterstützt sich eine Wertegemeinschaft im Notfall gegenseitig. Die Zugehörigkeit zu dieser Wertegemeinschaft ist jedoch nicht optional sondern zum Großteil gesetzlich verpflichtend. Hierbei würde ich als ein Befürworter des Sozialstaates von einer guten moralisch motivierten Gesetzgebung sprechen.

Damit hast du wohl durchaus recht. Benachteiligten Menschen oder bedürftigen zu helfen, ist moralisch, zumindest der objektiven Moral gemäß die du weiter oben angesprochen hast, durchaus vertretbar. Was mich jedoch etwas verwirrt ist, weshalb du die Sozialgesetzgebung als subjektives Moralgesetz bezeichnest. Ist sie nicht vielmehr dadurch, dass dieses objektiv-moralische Handeln als korrekt festgelegt wird, selbst mehr objektiv als von jedem einzelnen anders betrachtet?

Du hast schon recht. Jegliche nach der objektiv ethisch hergeleiteten Moral ausgelegten Gesetze sind nicht grundsätzlich schlecht.
Wenn nun jedoch der Staat, wie im Text geschrieben, ein subjektives Bild von "Moral" auch im StGb verankert, und diese Gesetze eben subjektiv "unmoralische" Handlungen ausschließen, sehe ich sie persönlich trotz allem noch als falsch an.
Diese fast schon aufgezwungene Definition von Moral, bzw. Verstößen gegen die Moral, ist in meinen Augen absolut nicht dem Bild eines unvoreingenommenen Gesetzgebers gerecht.

Kurzfassung: Die Sozialgesetze basieren in meinen Augen mehr auf objektiv hergeleiteter Darstellung positiver Moral. Sie mögen nicht unbedingt von jedem anerkannt werden, aber objektiv-ethisch gesehen sind sie nicht falsch. Sie sollten zumindest klar von den "Moralgesetzen" im Strafgesetzbuch, die hier aufgezählt wurden, oder anderen Gesetzen abgegrenzt werden, die in irgendeiner Weise Dinge als "unmoralisch" darstellen und verbieten. Dafür ist der Begriff "unmoralisch" viel zu subjektiv und dehnbar. Folglich ist auch seine Auslegung durch den Staat in meinen Augen inakzeptabel, da sie eine subjektive Auslegung dieses Begriffes in eine allgemeingültige Objektive, wie es Gesetze nun ein mal sind, umwandelt.
Ich finde den Begriff "Moralgesetze" ein wenig suspekt. Denn was Moral ist können viele anders sehen. Zum Beispiel gilt es heutzutage als Moral Umweltschutz zu betreiben, Bio Produkte zu kaufen und Amerika zu hassen. Gesetzlich ist dieses zwar zum Glück (noch) nicht festgelegt, aber ich betrachte die Sache eher neutral.
(22.05.2013)DAWn. schrieb: [ -> ]Was mich jedoch etwas verwirrt ist, weshalb du die Sozialgesetzgebung als subjektives Moralgesetz bezeichnest. Ist sie nicht vielmehr dadurch, dass dieses objektiv-moralische Handeln als korrekt festgelegt wird, selbst mehr objektiv als von jedem einzelnen anders betrachtet?

Letzten Endes ist und bleibt Moral immer subjektiv. Zwar stellt die Herleitung gemäß naturalistischer Ethik eine Objektivierung dar, dennoch ist Moral niemals aus sich heraus objektiv. Dies wäre nur mit Hilfe eines moralischen Absolutismus möglich, wie ihn einige Religionen predigen, die behaupten Moral sei gottgegeben und daher eine objektive Tatsache. Glücklicherweise ist das ja Unsinn und von daher ist Moral immer subjektiv, selbst wenn wir uns in einem Konsens darauf einigen, bestimmte Aspekte von Moral zu objektivieren.
(22.05.2013)Chilloutman schrieb: [ -> ]Ich finde den Begriff "Moralgesetze" ein wenig suspekt. Denn was Moral ist können viele anders sehen. Zum Beispiel gilt es heutzutage als Moral Umweltschutz zu betreiben, Bio Produkte zu kaufen und Amerika zu hassen. Gesetzlich ist dieses zwar zum Glück (noch) nicht festgelegt, aber ich betrachte die Sache eher neutral.

Du sprichst genau das an, weshalb meiner Meinung nach "Moralgesetzte" abgeschafft gehören. Ansonsten könnte man es eben gesetzlich verbieten keine Bio-Produkte zu kaufen und somit den Konsumenten zwingen sich ausschließlich von Biokost zu ernähren. Ich sehe dies so, das hier das Persönlichkeitsrecht extrem angegriffen wird. Egal ob es um Themen wie Sexualität oder auch Ernährung geht. Ich möchte immer noch über mich selbst bestimmen können, so lange ich damit niemand anderes schädige oder gefährde.
Und dennoch existiert weiterhin in Deutschland das so genannten Sittengesetz als Teil unseres Grundgesetzes. Dies ist in der Tat ein sehr schwammiges Moralgesetz, welches aber grundsätzlich ermöglicht, die freie Entfaltung der Persönlichkeit einzuschränken.

http://www.rechtslexikon.net/d/sittengesetz/sittengesetz.htm schrieb:Sittengesetz

die Summe derjenigen sittlichen Normen, die die Allgemeinheit als richtig anerkennt und als für das menschliche Zusammenleben verbindlich ansieht. Das S. ist eine der drei Schranken der allgemeinen Handlungsfreiheit (freie Entfaltung der Persönlichkeit).

der Begriff ist in sich widersprüchlich, weil die Sitte
im Gegensatz zum Gesetz nicht erzwingbar ist: a) natürliches S.: Gesamtheit der sozialen Verhaltensnormen, die unter dem Begriff Sitte zusammengefasst werden; b) positives göttliches S.: Gesamtheit der Normen, die Gott in seiner Offenbarung verkündete.

eine Schranke des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 I). Die allgemeine Handlungsfreiheit wird vom GG nur soweit gewährleistet, wie ihre Ausübung nicht gegen das Sittengesetz verstösst. Die Geltung eines grundrechtsbeschränkenden Sittengesetzes im Einzelfall festzustellen, ist mit besonderen Problemen verbunden. Weder das persönliche ethische Gefühl des Richters noch einschlägige Auffassungen in Teilen des Volkes rechtfertigen hier die sittliche Missbilligung eines bestimmten Verhaltens. Von grösserem Gewicht für die Erkenntnis sittengesetzlicher Normen dürften die Lehren der beiden grossen christlichen Kirchen sein, die in weiten Teilen der Bevölkerung immer noch als Richtschnur für gut und böse gelten.
Indessen ist zu bedenken, dass die Anschauungen in sittlichen Fragen dem geschichtlichen Wandel unterliegen. Für die Auslegung des Verfassungsbegriffs ,Sittengesetz‘ ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes so gut wie keine Anhaltspunkte. In der heutigen pluralistischen Gesellschaft ein Sittengesetz als verbindlichen Ausdruck des massgebenden moralischen Bewusstseins festzustellen, ist eine Aufgabe, die der Quadratur des Kreises nahekommt.

Ich bin schon lange der Ansicht, dass dieses Sittengesetz aus dem Grundgesetz gestrichen gehört. Glücklicherweise findet es aber ohnehin schon so gut wie keine Anwendung mehr. Eine Schwäche unserer Verfassung stellt dieses Gesetz dennoch dar. Hätten wir doch nur damals bei der Wiedervereinigung die Chance ergriffen, eine neue Verfassung für Gesamtdeutschland zu verfassen, dann wären wir diese frühkindlichen Aussetzer unserer Republik möglicherweise bereits los. So wird uns das wahrscheinlich noch sehr, sehr lange begleiten. Das schlimme daran ist, dass man das Sittengesetz zwar derzeit als kleinen Schönheitsfehler im Grundgesetz betrachten kann, doch wer weiß schon wie schnell sich das wieder ändern kann. Schon bald könnten der Moralgesetzgebung wieder Tür und Tor geöffnet werden und vielleicht patroulliert auch irgendwann wieder die Sittenpolizei durch die Stadt.
(22.05.2013)Lazy Dream schrieb: [ -> ]Als ich den Eingangspost gelesen habe, musste ich sofort wieder an den Zoophilie-Thread denken.
Die deutschen Gesetze erscheinen oft sehr logisch, aber bei Zoophilie konnte ich keinen Grund finden, zu sagen, dass es per Gesetz verboten gehört.

Die Intention zu der Novellierung der TierSchG in Bezug auf praktizierender Zoophilie ging von Tierärzten aus und dient dem Tierschutz. Ich will die Diskussion nicht wieder neu beginnen, möchte aber insbesondere in Bezug auf das Thema praktizierte Zoophile erwähnen, dass es hier nicht um irgendeine 'Moral' geht, sondern darum dem Tierschutzziel im Grundgesetz nachzukommen. Das Thema wurde ausreichend diskutiert und es gibt dazu unterschiedliche Meinungen. Tatsache ist aber, dass die zuständigen Experten (eben Tierärzte) hier Handlungsbedarf sehen. Die bisherige Regelung im TierSchG greift nur wenn das Tier bereits geschädigt ist/es zu spät ist. Die Novellierung soll dem Tier präventiven Schutz bieten. Punkt, kein 'Moralgesetz' und jeder der behauptet das diese Novellierung auf 'Moralansichten' aufgebaut ist, soll bitte zu einem Tierarzt gehen und ihn mal nach seiner fachlichen Meinung zu bestimmten sexuellen Handlungen mit Tieren fragen.
Lediglich über die Grenzen und die Definition über 'sexuelle Handlung mit Tieren' kann man streiten bzw. sollte man diskutieren.
Hier gibt es nun mal Fälle wo Tiere geschädigt wurden, ob dies nun absichtlich war oder nicht tut nicht zur Sache. Tierärzte und Tierschutzverbände sehen hier Handlungsbedarf und ich kann in den ganzen Gesetzesentwürfen und Begründungen der entsprechenden Verbände keine 'Moralgründe' finden, sondern lediglich veterinärmedizinische Begründungen, die eine Verschärfung rechtfertigen.
Ich will nicht weiter diskutieren über das Thema. Der Thread wurde geschlossen.
Aber zu behaupten, dass diese Novellierung aus rein 'moralischen Gründen' durchgeführt wird ist einfach falsch.

Grundsätzlich müssen Gesetze einen vernünftigen Grund haben und es muss eine Notwendigkeit bestehen diese zu erlassen. Ich sehe mich selbst als sehr libertären Menschen, der sich so wenig Einschränkung durch den Staat wünscht wie irgend möglich.
Es gibt tatsächlich Gesetze die nicht mehr zu halten sind, eben weil sich die Gesellschaft weiter entwickelt. Die Differenzierung in Moralgesetze und Nicht-Moralgesetze erscheint mir zu einfach. Die Frage, ob jemand (Personen, Tiere, Natur etc.) geschädigt wird ist wichtig. Und in der Hinsicht können einige Gesetze überarbeitet werden.

Wenn Geschwister Sex haben kann jemand geschädigt werden und zwar der Nachkomme. Wenn diejenigen strikt verhüten sieht die Sache wieder anders aus.
Männer und Frauen müssen gleichgestellt werden, auch im Sittengesetz (welches, wie CharlesErnestBarron schon sagte, ein Relikt aus vergangen Zeiten ist und meiner Meinung nach nicht mehr benötigt wird, zumindest nicht in dieser Form)
Verbot, zumindest von bestimmten, zoophilen Handlungen, ist eindeutig aus Tierschutzsicht zu begründen.
Warum sollte man die "Moralgesetze" abschaffen?
Wie bereits mehrfach hier erwähnt wurde, ist Moral etwas sehr subjektives und wird von jedem Menschen anders empfunden. Und genau aus diesem Grund muss der Gesetzgeber gewährleisten dass dies nicht aus dem Ruder läuft. Inzest, Exhibitionismus, usw...
könnte jeder überall und zu jeder Zeit ausleben nur weil er selbst es als moralisch vertretbar ansieht.
Ein Pädophiler beispielsweise könnte nicht mehr dafür belangt werden wenn er nackt über den Kinderspielplatz marschiert und "Ihr Kinderlein seid so geil" ruft. Oder wenn jemand seine Notdurft auf der Straße verrichtet. So lange er sein Häufchen weg räumt, wäre auch das nicht mehr Strafbar. Hunde machen es ja auch.
Persönlichkeitsrechte schön und gut. Aber die sollten nicht dafür herangezogen werden Narrenfreiheit zu fordern.
Wenn schon dann fordert eine Überarbeitung, aber Abschaffen ist definitiv der falsche Weg.
(22.05.2013)iron_pony schrieb: [ -> ]Warum sollte man die "Moralgesetze" abschaffen?

Weil ich es als Veganer als moralisch verwerflich ansehen könnte das Fleisch verzerrt wird und dies obwohl es zum überleben nicht notwendig ist. Insofern würde Millionen Tieren das Leben gerettet werden.

Weil ich als Umweltaktivist gegen Windkraftanlagen sein kann, da hiermit das Landschaftsbild und der Lebensraum der dort lebenden Tiere bedroht ist.

Wenn ich danach gehe was passieren könnte, so müsste auch Sex zwischen Personen verboten werden, sobald einer davon eine Erbkrankheit wie z.B. Neurodermitis hat. Immerhin KÖNNTE dies sich nachteilig auf den Nachwuchs auswirken.

Rauchen und Alkohol in der Schwangerschaft müsste per Gesetzt verboten werden, da hier nachweislich dem Nachwuchs geschadet wird.

Man darf nicht etwas verbieten weil irgendetwas passieren KÖNNTE. Es muss schon eine konkrete Gefahr bestehen. Wenn ich besoffen Auto fahre, besteht eine hohe Gefahr das ich einen Unfall baue.

Wenn ich nackt über den Kinderspielplatz renne, besteht eine konkrete Gefahr die Kinder zu verstören.

Wie ich schon etwas weiter oben geschrieben habe könnte man es auch anders nennen, da Moral eben eine Empfindungssache ist.
Dann nennen wir es eben "Gesetzlich festgelegter gesunder Menschenverstand".
Aber es bleibt das gleiche. Diese Gesetze sind nun mal notwendig damit die "Freiheit" des Einen die Freiheit seiner Mitmenschen nicht beeinträchtigt. Besonders da sie so wie sie jetzt sind eh nur das nötigste verbieten.
(22.05.2013)iron_pony schrieb: [ -> ]Dann nennen wir es eben "Gesetzlich festgelegter gesunder Menschenverstand".

Das ist eine extrem gefährliche Versimplifizierung und mindestens so schwammig wie "allgemeines Rechtsempfinden". Die Frage nach dem konkreten Schaden ist die einzige, die wirklich griffig und realistisch ist. Warum sollte man etwas verbieten, dass zu schaden führen könnte? Nein, wir verbieten Dinge, von denen wir wissen, dass sie garantiert (Mord) oder höchstwahrscheinlich (Trunkenheit am Steuer) schadhaft sind.
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