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Dass ich den Film zum ersten Mal sah, ist nun schon sehr viele Jahre her als auch mein bester Freund hier wohnte, welcher später dann aber weg zog. Eines Tages als wir nichts besseres zu tun hatten sahen wir die DVD von seinem Neffen im Wohnzimmer rumkugeln und beschlossen kurzer Hand uns damit die Zeit zu vertreiben. Ich kann schwer sagen wie er ihn gefunden hat, seiner Reaktion nach dürfte er den Film aber eher Mittelmäßig gefunden haben. Ich fand ihn hingegen sehr gut, obgleich ich zu dem Zeitpunkt noch nicht viel Bewusstseinsveränderung erlebt hatte.

Einige Zeit darauf sah ich die DVD im Abverkauf um zehn Euro im Elektromarkt stehen und habe kurzer Hand zugegriffen. Nicht lange danach folgte auch Bärenbrüder 2 und zusätzlich hab ich noch den Soundtrack bei iTunes geladen, welcher dort in sämtlichen Sprachen zur Verfügung steht. Als alter Nightwish-Fan, welcher die Lyrics von 'Kuolema Tekee Taiteilijan' auswendig kennt, kam ich natürlich nicht an der finnischen Version vorbei. Ich öffne das Album und lese: "Interpret.... Timo Kotipelto". Moment, da war doch was, irgendwo her kommt mir der Name sehr bekannt vor. Letztenendes handelt es sich um den Sänger der finnischen Power Metal Band 'Stratovarius', welche ich zu dem Zeitpunkt auch noch nicht all zu lange kannte, aber mittlerweile schon wegen recht ordentlicher Leistung zu schätzen wusste. Awesome!

Diese Tatsache hat mich dann hellhörig gemacht. Der Film hatte irgendwas an sich. Nachdem ich mich etwas mit dem Making Of beschäftigt hatte, erkannte ich den Aufwand der hinter dem ganzen stand und achtete auf einmal auf Details die mir zuvor gar nicht aufgefallen waren. Wie sich die Haare Bewegen, wie sich die Haut verzieht. Wie alles bis auf das allerletzte Detail perfektioniert wurde. Der Zeichenstil von dem Film ist einfach das Maß aller Dinge. Aber nicht nur an den Charakteren hat man sehr gut gearbeitet auch die Hintergrundszenerie liegt mMn weit über Durchschnitt. Letztenendes machte das den Film auch um einiges attraktiver als König der Löwen, weil zum einen kann ich heißes Klima auf den Tot nicht ausstehen kann und zum anderen weil Wälder und Berglandschaften um einiges mehr an Details beherbergen können als kahles, flaches, eintöniges Ödland.

Die Geschichte von Bärenbrüder finde ich einfach episch. Wie sonst könnte man besser die Welt aus einem anderen Blickwinkel kennen lernen als in eine andere Haut zu schlüpfen. Vor allem aber glänzt die Geschichte mit haufenweise Authentizität.
Wer kennt sie nicht, die Momente in denen man bewusst oder unbewusst glaubt die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Das Gefühl alles richtig zu machen während man nebenbei aber vergisst dass der eigene Weg nicht der einzige Weg ist, den man beschreiten könnte.
Kenai dachte alles richtig gemacht zu haben. Erst als er sich in der Position der Gegenseite befand fing er an sein bisheriges Handeln zu begreifen und in Frage zu stellen. Letzten endes musste er feststellen was sein Stolz für einen Schaden angerichtet hat.

Nach und nach konnte ich Paralellen zu meinem Leben ziehen und erkennen dass ich damals nicht gerade eine Ahnung vom Leben hatte. Auch dass ich nicht wusste worauf es ankam. Ich dachte immer dass alles nur eine Frage von Technologie sei, welche mir neue Wege eröffnen kann... die die ich damals gehen wollte während ich tausend andere Wege übersah die ich gehen hätte können.
Dank meiner Grund-neugierigen Haltung hat Bärenbrüder dann dazu geführt dass ich anfing mich mit Bären zu beschäftigen. Am Ende dachte ich nur noch "Wow, wahnsinn was die Natur geschaffen hat, einfach genial" und dieser Film würdigt diese Erkenntnis aud angemessene Weise, was wohl im Endeffekt dazu geführt hat dass am Kinoplakat von Bärenbrüder das WWF-Symbol in der Ecke abgedruckt wurde. Ich zog wieder aufs Land, ich beschäftigte mich immer mehr mit Natur, nicht nur mit Tieren oder Pflanzen, auch mit Astronomie. Aber nicht mehr auf gedanklicher Ebene. Ich hatte durch meine Kindheit am Bauernhof die Möglichkeit alles Live zu erleben, fand es damals schrecklich, möchte heute nicht mehr weg von hier. Besorgte mir ein Teleskop und sah mit eigenen Augen Dinge welche der Großteil der Weltbevölkerung nur von Bildern und Videos kennt. Milliarden Jahre alt, Millionen Lichjahre entfernt. Eine Dimension die in keinen Kopf der Welt passt. Jeder Wissenschaftler kann eine astronomische Größe mit Matematik errechnen, niemand vermag es aber zu begreifen. Niemand hat je fünftausend Grad Celsius überlebt. Obwohl physikalisch betrachtet noch weit höhere Temperaturen möglich sind hat es nie jemand erlebt.
Ich musste erkennen dass die Menschheit nur über etwas redet was sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Jede 'Innovation' hat ihre Inspiration in der Natur. Auch der Mensch ist Teil der Natur. Er steht nicht über allen Dingen. Er ist in höchstem Maße von seiner Umwelt abhängig und obwohl diese Tatsache heute schon in aller Munde ist, sind wir immer noch nicht fähig zu begreifen wie wichtig und wie wertvoll die Natur ist. Wie wertvoll das Leben ist. Ein Zeichen dass zu tiefster Demut aufrief...

und so geschah es: Von einer Kindheit in der ich dachte die Menschheit könnte sich durch reine Innovation behaupten... wo ich dachte wir machen schon alles richtig und wo ich mir sicher war wir könnten und sollten alles ergründen und uns die Umstände zu Untertan machen - zu einem erwachsenen Menschen der auf einmal Menschlichkeit und Respekt allem anderen vorzog. Ein Mensch der für jede einzelne Sekunde dankbar ist wo er die Natur erleben darf, wo er Musik hören kann, wo er mit seinen Mitmenschen verbringen kann. Die Entscheidung: Will ich mein Leben lang undankbar sein für das was ich nie haben werde oder will ich mein Leben lang dankbar sein für das was ich habe und etwas, was so vielfältig ist dass ich niemals die Grenzen erreichen werde?

Vom futurischen Trauerkloß zum altmodischen Genießer. Ich würde mich als eine Mischung aus Tarzan und Peter Pan bezeichnen. Tarzan in dem Moment wo ihm Jane alles beibringt, wo er die Welt ergründen konnte durch die Augen eines Unschuldigen mit der Faszination eines Kindes. Peter Pan der niemals erwachsen werden will und der in meinem (und in Kenais) Fall einsehen musste seine Kindheit damit veschwendet zu haben, durch falsche Motive erwachsen sein zu wollen.

1. HeavyMetalNeverDies!