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Normale Version: Politik - was bedeutet rechts und links?
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Moin.

In einem anderen Thread kam die Frage ja schon auf, und um den nicht unnötig in's OT zu ziehen, eröffne ich einfach man einen neuen Thread dafür: Überall wenn es um Politik geht fallen immer wieder die beiden Begriffe rechts und links, logischerweise dann auch mitte, links-außen, rechts-außen.
Diese Begrifflichkeiten sind allgemein im Sprachgebrauch anerkannt und es scheint irgendwie eine grobe, ungeschriebene Konvention zu sein, was die denn überhaupt bedeuten. Vielen fallen, wenn man sie fragt, dazu zwar immer irgendwelche Assoziationen ein, und mittlerweile sind es sogar politische Schlagwörter, mit denen man den Gegenüber für die Diskussion schon teils gänzlich disqualifizieren kann... doch was es eigentlich genau bedeutet, das weiß irgendwie keiner. Das heißt, irgendwie hat schon jeder eine Ansicht darüber, aber jeder scheint mind. eine andere zu haben. Derpy confused

Um dem ganzen auf den Grund zu gehen, habe ich mal Wikipedia fix konsultieren wollen - doch die gibt auch irgendwie keine befriedigende Antwort. Nachdem ich so durch die Artikel links, rechts und politisches Spektrum allgemein durch gefahren bin, scheint links und rechts jetzt so ziemlich alles und doch gar nichts sein zu können...?

Da wird z.B. gesagt, dass Linke davon ausgehen, dass alle Menschen gleich sind, während Rechte davon ausgehen, dass es natürliche Ungleichheiten gibt... toll, was soll mir das nu sagen? Wie weit greifen denn diese Gleich- und Ungleichheiten, ich meine, allein schon dass es zwei verschiedene Geschlechter gibt oder etwa verschiedene Altersgruppen ist doch schon ein Unterschied - oder rechtes Gedankengut?
Zugleich steht aber wieder bei der Erläuterung des Rechten, dass diese Strömung gegen eine "emanzipatorische Gesellschaft" ist - also gegen eine freie, unabhängige Form. Das finde ich komisch, denn die Forderung nach unabhängigen und freien, also denke ich mal souveränen, Staaten ist doch allgemein wieder als rechts wahr genommen, oder nicht? Anscheinend nee, denn im Artikel über das Spektrum an sich steht auch, dass viele linke Strömungen seit vielen Jahren globalisierungskritisch sind und für souveräne Staaten, das habe ich sogar schon oft den Gysi sagen gehört... gleichzeitig heißt es aber, dass wirtschaftlich gesehen die Linken einen vom Staat geregelten Markt wollen, aber die Rechten einen möglichst ungeregelten, freien Markt - was doch wieder zu der emanzipatorischen Gesellschaft gehöre, oder?
Da gibt es noch viele solcher Ungereimtheiten, z.B. die öffentliche Wahrnehmung. Oft denkt man ja bei rechts sofort an Rechtsextreme sprich Nazis, warum aber werden mit links nicht gleich Linksextreme, wie bei den Schlachten am 1. Mai, assoziiert, sondern auch moderate Strömungen wie etwa Sozialdemokraten wie die SPD? Und was ist eigentlich mit Strömungen wie der grünen Bewegung - die Partei im Bundestag soll links sein, aber auch vermeintlich rechte Parteien gehen gut mit Umweltschutz. Und, ach so vieles mehr...

Gibt es denn überhaupt da klare Bestimmungen? Was links und was rechts ist, und ab wann etwas links oder rechts ist?
Ich persönlich halte das ja für ziemlich oberflächlich und wenn es das mal war, so ist es jetzt nicht mehr zeitgemäß. Parteien enthalten Punkte, die klassischerweise links sind, und ebenso Punkte, die klassischerweise rechts sind - und werden dennoch hier oder da eingeordnet. Ich glaube nicht, dass die Politik zweidimensional ist... und auch in Anbetracht dessen, dass es schon vielerlei genauere Modelle gibt mit 3, 4 oder mehr Richtungen, auch immer auf den jeweiligen Fach-Bereich bezogen, wundert es mich, warum in Politik, den Medien und auch im alltäglichen Sprachgebrauch noch zwischen rechts und links unterschieden wird. AJ hmm
Wie bereits im anderen Thread beschrieben, gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten, was "links" oder "rechts" bedeutet. Sei es wirtschaftlich oder politisch. Um die ganze Sache noch komplizierter zu machen, gibt es im politischen Bereich Attribute, wie "-konservativ", "-liberal", "-extrem", "-populistisch" und "neo-", welches die ganze Sachen feiner definiert.
"-Extrem" ist dabei logischerweise "am linkesten/rechtesten", aber selbst bei Attributen, wie "-populistisch" oder "-liberal" kann man nicht genau beurteilen, wie weit links oder rechts sie stehen. Da kommt es auf die Haltung der Partei drauf an. Wie werden Wähler für sich gewonnen? Was sind die Ziele? Welche Methoden werden für die Erreichung von Zielen verwendet? Was sind die Aussagen der Politiker? Und so weiter...

Früher war es halt so, dass Parteien bestimmter Auffassung sich immer in eine bestimmte Ecke gesetzt haben. Links im Halbkreis waren die Sozialisten, Rechts die Nationalisten. Dies hat sich bis heute so gehalten. Nur halt alles sehr viel komplizierter. Ich meine hey: Für die linke Ideologie haben sich im letzten Jahrhundert soviele Staats- und Politikformen gebildet: Kommunismus, Bolschewismus, Marxismus, Leninismus, Stalinismus, Sozialismus, Anarchismus (wobei hier auf die Herrschaft verzichtet wird und garnicht wirklich klassifiziert werden kann), Pluralismus, Kollektivismus, Internationalismus. Völlig unnötig meiner Ansicht nach. Wie soll man dort z.B. sagen können, wie weit "links" hier eine Regierungsform ist?

Allerdings sind die Unterteilungen "links" oder "rechts" (bzw. die Mitte, die gibt es ja auch noch + die ganzen Attribute) im wahrsten Sinne des Wortes zweidimensional. Religiöse Parteien z.B. konnte man zwar in die Mitte irgendwo hinschustern, aber so wahrlich perfekt ist das nicht. Deswegen wurden aber weitere Modelle vorgeschlagen, wie z.B. das politische Wertedreieck, oder der Politkompass, womit viele Parteien besser eingeordnet werden können.

Dann gibt es noch den Faktor Mensch. Ein Kommunist würde niemals behaupten, er sei linksextrem, sondern linksliberal oder sowas. Was einst definiert (wenn auch schwammig), wird durch Aussagen in Halbwahrheiten verfälscht. Durchaus auch, um Wähler zu locken. Im Sinne "Solange er nicht extrem ist, ist er bestimmt harmlos."

Alles in allem: Das Links-Rechts-Schema ist völlig veraltet, kompliziert, und sehr schwammig.
Hathagat, du hast dir da ein unglaublich komplexes Themenfeld ausgesucht. Vor allem eines, bei dem keine zufriedenstellende Antwort zu erwarten ist, da dies eine noch immer ungeklärte, wissenschaftliche Streitfrage ist. Da du den Thread aber nun gestartet hast wollen wir doch mal sehen ob deine Fragen nicht vielleicht ansatzweise beantwortet werden können.


Zitat:Gibt es denn überhaupt da klare Bestimmungen? Was links und was rechts ist, und ab wann etwas links oder rechts ist?

Nein, denn dann hättest du sie bei Wikipedia gefunden. RD wink Es gibt allerdings traditionelle Einteilungen, die manchmal mehr, manchmal weniger weiter helfen.

Zuerst einmal zur Geschichte: Die Einteilung in "links oder rechts" geht zurück auf die französische Nationalversammlung, wie du dem Wikipedia Artikel sicher entnommen hast. Die Monarchisten saßen rechts, die Republikaner links. Du könntest diese erste Einteilung also vorsichtig als den Kontrast zwischen "Konservativ - Liberal" bezeichnen. Zumindest vor über 200 Jahren und auch da war der Unterschied bei genauerer Betrachtung nicht stichhaltig. Es ging aber letzlich darum, die alte Ständeordnung aufzubrechen und das ließ sich am einfachsten über eine grobe Einteilung nach Interessen regeln.
Diese Form der Unterscheidung ist beibehalten worden und wird in allen westlichen Parlamenten immernoch so durchgeführt. Deshalb wird Herr Lammert, der Präsident des Bundestages, die CDU niemals links im Blickfeld haben.

Soviel zum Ursprung, jetzt zu dem komplizierten Teil. Du hast einige Detailfragen gestellt, die ich mal versuchen möchte zu beantworten.


Zitat:Da wird z.B. gesagt, dass Linke davon ausgehen, dass alle Menschen gleich sind, während Rechte davon ausgehen, dass es natürliche Ungleichheiten gibt... toll, was soll mir das nu sagen?

Ganz grob gesagt gehen "rechte" Denkschulen oftmals von Gesellschaften als Einheiten aus. Das kann, muss aber nicht rassistisch sein. Diese Gesellschaften werden als Heimat für ihre Mitglieder empfunden, wobei ein Mensch über seine Geburt in einen Wertekanon hinein wächst, eine gemeinsame Historie mit seinem Umfeld teilt und sich letztlich als Teil dieser Gesellschaft begreift. Da der gewachsene Wertekanon also etwas ganz wichtiges ist, damit der Mensch sich selbst definieren und wohlfühlen kann, müssen die Werte geschützt werden.
Wenn also ein Rassist die Ausweisung von Immigranten fordert, ein Konservativer die Bedeutung des Christentums betont oder ein CSU-Politiker stärkere Autonomie für sein Bundesland fordert, dann basiert das alles auf einer Unterscheidung der zu schützenden Heimat gegenüber dem anderen, der die Fundamente des bisherigen Zusammenlebens gefährdet.

Bei den Linken Denkweisen kann man vermutlich am Besten von der bedeutensten linken Theorie ausgehen. Dem Kommunismus. Hier finden wir keine Unterteilung in Völker, Staaten oder Schicksalsgemeinschaften, sondern hier wird in Klassen unterteilt. Diese Klassen (Arbeiterklasse, Bougeoirsie, Adel) sind nicht durch Schicksalsgemeinschaft gebunden, sondern erstrecken sich als soziale Gesellschaftsschichten über alle Ländergrenzen hinweg. Ein deutscher Arbeiter hat also mehr mit einem arabischen Arbeiter gemeinsam, als mit einem deutschen Adligen, zumindest für Kommunisten. Daher kommt auch, dass Linke eher für Internationalismus empfänglich sind. Landesgrenzen spielen keine so große Rolle. Wichtig sei auch zu erwähnen, dass diese Denkschule zwar die Existenz von Klassen als Fakt annimmt, die Klassen aber als Relikt der Vergangenheit sieht und abschaffen will. Das Ziel ist die Auflösung aller Klassen (für Kommis zu Gunsten der Arbeiterklasse).


Zitat:Zugleich steht aber wieder bei der Erläuterung des Rechten, dass diese Strömung gegen eine "emanzipatorische Gesellschaft" ist - also gegen eine freie, unabhängige Form. Das finde ich komisch, denn die Forderung nach unabhängigen und freien, also denke ich mal souveränen, Staaten ist doch allgemein wieder als rechts wahr genommen, oder nicht?

"Emanzipation" meint hierbei die Beseitigung von gesellschaftsinternen Schranken, vor allem bezüglich Geschlechtern. Die Beseitigung der traditionellen Rollenbilder und Autoritätsmuster einer Gesellschaft wird von "Rechten" als Angriff auf die gesellschaftlichen Werte betrachtet. Deshalb ist die Betonung der Nationalstaaten auch kein Widerspruch dazu. Innerhalb eines eigenen, kulturell relativ homogenen Territoriums lassen sich die eigenen Werte leichter Schützen, weil man automatisch die Mehrheit stellt. In internationalen Gebilden ist man dann vielleicht nur einer von vielen und hat dem entsprechend wenig Gewicht.

Zitat:viele linke Strömungen seit vielen Jahren globalisierungskritisch sind und für souveräne Staaten

Der Unterschied liegt im Detail. Für Linke Globalisierungskritiker dient der Staat genau so als Rückzugspunkt, wie für Konservative, aber die Begründung ist anders. Der liberale Weltmarkt wird als Mittel der Unterdrückung der Arbeiter durch die Bougeoirsie aufgefasst. Letztere hat, als Antwort auf die Arbeitnehmerrechte in der westlichen Welt, die wirtschaftliche Globalisierung eingeleitet um die internationale Arbeiterschaft gegeneinander auszuspielen und weiterhin wirtschaftlich und sozial unterdrücken zu können. Da Firmen und Kapitalanleger ihre Werte heutzutage problemlos ins Ausland verlagern können möchten manche Linke den Weg des geringsten Widerstandes gehen und die nationalen Grenzen benutzen um ihre bisherigen Errungschaften erhalten zu können. Im Grunde konservative Politik, aber der argumentative Weg dorthin ist ein anderer.

Zitat:gleichzeitig heißt es aber, dass wirtschaftlich gesehen die Linken einen vom Staat geregelten Markt wollen, aber die Rechten einen möglichst ungeregelten, freien Markt - was doch wieder zu der emanzipatorischen Gesellschaft gehöre, oder?

Hier wird es wieder etwas komplizierter, weil hier die Liberalen ins Spiel kommen. Der Liberalismus ist vermutlich die erfolgreichste, nicht religiöse Ideologie der westlichen Welt. Warum? Weil alle anderen Ideologien sich ihm anpassen mussten um bestehen zu bleiben. Ohne irgendeine Form von Freiheitsversprechen kann eine politische Ideologie im Westen heute nicht überleben, deshalb haben Linke und Rechte versucht, ihre Denkschulen um liberale Elemente zu erweitern. So haben Sozialisten zwar ein Problem mit wirtschaftlicher Freiheit und Eigentumsrechten, da diese aus ihrer Sicht für die Unterdrückung der Arbeiterklasse verantwortlich sind. Gleichzeitig hat das linke Spektrum aber ideologisch keine Probleme mit individueller Lebensführung. Die Rechten müssen Werte verteidigen, daher wird individuelle Entfaltung lieber wirtschaftlich gedacht und Eigentumsrechte betont.
Dazu kommen Unterschiede in den Nationen. In den USA sind Konservative Werteverteidiger auf das Christentum als Wertekanon und die Verfassung eingeschworen, die von reichen Großgrundbesitzern geschrieben wurde und dem entsprechend hohen Wert auf wirtschaftliche Freiheit legt. in den USA fordern Rechtsextreme also eine komplette wirtschaftliche Freiheit, weil ihre Verfassung zu ihrem Grundverständnis gehört. Rassismus etc. sind da eher Beiwerk.
In Europa, der Heimat der Kolonialmächte und vielen unterschiedlichen Kulturräumen auf engstem Raum war Rassismus dafür eine wesentlich stärkere Kraft für die extreme Rechte. Hinzu kommt, dass viele europäische Staaten erst sehr spät an liberale Verfassungen gekommen sind.

Zitat:Oft denkt man ja bei rechts sofort an Rechtsextreme sprich Nazis, warum aber werden mit links nicht gleich Linksextreme, wie bei den Schlachten am 1. Mai, assoziiert, sondern auch moderate Strömungen wie etwa Sozialdemokraten wie die SPD?

Die Unterteilung in "rechts" oder "links" ist in der Theorie wertfrei, deshalb: Natürlich ist die SPD links und die CDU stellt sowas wie unsere moderate Rechte. Je nachdem auf wen du triffst kann es aber sein, dass dieser jemand das andere politische Lager grundsätzlich ablehnt. Vor allem junge Menschen neigen da oft zu extremeren Ansichten. Das ändert aber nichts daran, dass "rechts" allein kein Ausschlusskriterium ist. Sobald die Zusätze -radikal, -extrem, oder -populistisch auftauchen wird es interessant. Alles andere diskreditiert im Zweifel eher deinen Gegenüber, weil der seine politische Urteilskraft wohl zuhause vergessen hat.

Zitat:[...]wundert es mich, warum in Politik, den Medien und auch im alltäglichen Sprachgebrauch noch zwischen rechts und links unterschieden wird.

Die Frage ist sehr leicht zu beantworten. Es ist nicht praktikabel im alltäglichen Sprachgebrauch eine Einteilung mit 4, 6, 8 oder noch mehr Dimensionen zu verwenden. Alleine um eine Partei einzuteilen bräuchte man dann ganze Zeitungsseiten. Da man aber ungefähre Einteilung traditionell bereits getroffen hat, ist es einfach "rechts" oder "links" festzuhalten, damit der Zuschauer weis, zu welcher Parteien- und Ideologiefamilie er die neue Partei zurechnen kann. Eine genauere Positionierung ist für die meisten Menschen ohnehin nicht von Belang. Wie man bei AfD (rechts) und Piraten (links) merkt, wird die Unterscheidung nach einem eher protokollarischen Murren auch von den Eingeteilten akzeptiert und oftmals auch ohnehin geteilt. So falsch kann der Alltagsbegriff dann also nicht sein.Twilight happy



Yay, so verbringt man seinen Abend! Ich wusste schon warum ich den Thread nicht selber eröffnen wollte. Pinkie happy
Auch wenn die letzten Einträge nun schon eine Weile her sind, möchte ich noch einen Aspekt einbringen, besonders für diejenigen, die sich vielleicht im Nachhinein für diesen Thread interessieren. Wie bereits beschrieben wird die oberflächliche Betrachtung politischer Gruppen in einem eindimensionalem Rechts-Links Muster aufgrund der gemischten Programmatik bei genauerem Hinsehen recht schwammig. Versucht man aber die unklaren Begriffe rechts/links zu verlassen und die Einordnung der politischen Sichten in einem mehrdimensionalem Graph festzuhalten, an dem sich die verschiedenen Interessen der Gruppen einordnen lassen, wird das ganze ein bisschen durchsichtiger.
Die mir bekannteste Form ist ein Diagramm, welches auf einer Achse den Marktbezug (Also uneingeschränkter Handel gegenüber geplanter Wirtschaft) und auf der anderen Achse gesellschaftspolitische Ansichten in Gegenüberstellung von "Autoritär" bis "Antiautoritär" festhält.

Das klingt vielleicht noch nicht ganz einleuchtend, darum ein paar Beispiele.
Soziale und ökologische Standards stehen der Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens/Staates etc. immer im Weg, da sie den Profit und somit Investitionen einschränken. Greift der Staat nicht mittels Gesetzen ein und es findet ein öko/ und sozialdumping im Wettbewerb statt, ist dies eine sehr marktwirtschaftliche/marktradikale Ausrichtung. Versucht der Staat soziale und andere Standards um jeden Preis (Wortwörtlich) zu gewähren, ist er gezwungen in den Produktionsprozess einzugreifen. Unter anderem um einen Warenüberschuss vorzubeugen.
Doch sowohl marktradikale (neo- und finanzkapitalistische Länder), wie auch sozialistische Länder im weitesten Sinne können sowohl autoritär (zentralistisch/diktatorisch/militaristisch), als auch antiautoritär geführt werden.
Stark autoritäre marktwirtschaftliche Staaten sind z.B. die USA, afrikanische und südamerikanische Staaten.
Bestes Beispiel für eine zentralistische und autoritär geplante Wirtschaft sind die Sowjetunion und die DDR.

Absolut antiautoritäre Planwirtschaft wäre wohl der Kommunismus nach marx'schem Vorbild.
Eine Gesellschaft, die ohne Hierarchie selbständig durch Räte die Produktionsweise einer erwünschten Ware kontrolliert und durch fehlende Feudalstrukturen und ohne den kapitalistischen Warenaustausch eine soziale Ungleichheit ausschließt. Eine klassenlose Gesellschaft. Diese Form wäre das genaue Gegenteil der zentralistischen Sowjetführung, weshalb man diese politischen Systeme nicht verwechseln sollte.

Ob es einen absolut antiautoritären Kapitalismus geben kann ist sehr fragwürdig. Es gibt zwar die Möglichkeit des fehlenden Eingreifens der Politik. Dadurch werden Armut und Reichtum allerdings weit außeinanderklaffen. Kriminalität wird steigen und Persönlichkeitsprofile werden sich stärker anpassen um wirtschaftlichen Vorteile zu erlangen. Ob Emanzipation generell unter diesen Umständen möglich ist, ist meinerseits zu verneinen.

PS: Mein erster Beitrag. Ich bin neu und hab immer noch nicht durchschaut wie man richtig Zitiert Big Grin sonst hätte ich gerne noch ein paar Punkte von meinen Vorgängern aufgenommen..
Ach ja, und ich bin Mitglied einer Partei. Ratet mal welche das sein könnte Big Grin
(21.07.2015)Pony-Flo schrieb: [ -> ]Absolut antiautoritäre Planwirtschaft wäre wohl der Kommunismus nach marx'schem Vorbild.
Eine Gesellschaft, die ohne Hierarchie selbständig durch Räte die Produktionsweise einer erwünschten Ware kontrolliert und durch fehlende Feudalstrukturen und ohne den kapitalistischen Warenaustausch eine soziale Ungleichheit ausschließt. Eine klassenlose Gesellschaft. Diese Form wäre das genaue Gegenteil der zentralistischen Sowjetführung, weshalb man diese politischen Systeme nicht verwechseln sollte.

Ob es einen absolut antiautoritären Kapitalismus geben kann ist sehr fragwürdig. Es gibt zwar die Möglichkeit des fehlenden Eingreifens der Politik. Dadurch werden Armut und Reichtum allerdings weit außeinanderklaffen. Kriminalität wird steigen und Persönlichkeitsprofile werden sich stärker anpassen um wirtschaftlichen Vorteile zu erlangen. Ob Emanzipation generell unter diesen Umständen möglich ist, ist meinerseits zu verneinen.
Der Kapitalismus, wie er in jetziger Form existiert, benötigt nur eine gerechte Umverteilung von Geld und Gütern, damit Reich und Arm in allen Ländern besser ausgeglichen werden. So wird es weder zu einem Straßenkampf um die Vorteile führen, noch zur Hemmung der freien Entfaltung. Dieser eine Schritt würde meines Erachtens noch nicht in eine Planwirtschaft führen, da Planwirtschaft definitionsgemäß (Plan) z.B. keine freie Berufswahl garantiere, sowie weitere Faktoren. Ein Plan ist auch immer an strikte Regularien gebunden, damit dieser auch aufgeht, was die Freiheit des Einzelnen widerum einschränkt.
Weil es so gut ins Thema passt:
Spoiler (Öffnen)
Twilight: not bad
Der Wohlstand im Kapitalismus, besonders in den westlichen Ländern, basiert auf dem Konkurrenzprinzip unter den Staaten. Eine Umverteilung, ohne strukturelle Veränderungen der Wirtschaftsweise, ist dahingehend nicht möglich, da eben dieser Wohlstand durch militärische Sicherung von Handelswegen gestützt ist (Die Bundeswehr wirbt sogar damit).
Der Kapitalismus ist in keiner Form an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Das bekannteste Beispiel ist: Ein Pharma-Unternehmen produziert/erforscht nicht die Medikamente, die in der dritten Welt benötigt werden, sondern die, die sich am besten verkaufen lassen. Der Bäcker backt kein Brot, weil es Hunger gibt, sondern weil er sein Überleben sichern muss.

Der Kapitalismus erscheint als eine Warenansammlung. Die Produktion dieser Waren liegt in privater Hand. Diese privaten Produzenten, oder um es kurz zu machen: Kapitalisten, konkurrieren untereinander. Wie sich Deutschland einen wirtschaftlichen Vorteil in der EU oder China in der Welt verschafft hat, so versucht der Kapitalist sich einen wirtschaftlichen Vorteil durch Minimierung der sozialen und ökologischen Standards zu sichern. Die Differenz bleibt der Mehrwehrt. Diesen benötigt der Kapitalist, um ihn in Maschinen etc. zu investieren, um die Qualität der Produkte zu steigern und seinen Preis zu senken. Dies führt schlussendlich zum eigentlichen Marktvorteil.
Da die Unternehmen nicht in der Lage sind, Standards beliebig zu senken, werden diese Standards (z.B wie bei Hartz 4 oder TTIp) von den Parlamenten herabgesetzt oder wie im Falle von TTIP and den Konkurrenten angeglichen. Dies benötigt der Staat, um seine Exportstärke zu sichern, so wie der Kapitalist seine Preise senken will, um marktfähig zu bleiben. Drittweltländer sind nicht in der Lage eigene konkurrenzfähige Unternehmen/Exportwirtschaften zu errichten, da ausländische Unternehmen auf die günstigen Arbeitskräfte zurückgreifen und die niedrigen Standards ausnutzen. Meist unter dem Vorwand Arbeitsplätze zu schaffen.
Bekanntermaßen wird "das Recht" exekutiv durch Militärgewalten durchgesetzt. So werden auch wie beschrieben, diese Handelsbeziehungen über militärische Interventionen aufrecht erhalten. Das Erebnis ist erneut, dass die westlichen Länder günstig Waren importieren, da das eigene Lohnniveau für teure Ware nicht ausreichen würde. Gleichzeitig kann diese Ware zu niedrigen Preisen exportiert werden.
Dieser Wettlauf nach unten, bezüglich der Standards ist dieser Logik zufolge auch gegen ökologische und kulturelle Interessen gerichtet.
Geld verschwindet aber auch bekanntermaßen nicht, sodern wechselt ausschließlich den Besitzer. Und wenn ein Großteil der Weltbevölkerung unter diesen Produktionsprozessen leidet, dann muss sich an anderer Stelle das Geld anhäufen. Und das tut es. So besitzen alleine in Deutschland 10% der Bevölkerung 66% des Eigentums.

Der Kapitalismus ist ein Produktiosprozess. Er spiegelt das Verhältnis zum Markt wieder.
Der darin behaftete Warenaustausch ist geprägt von systematischer Ausbeutung, wegen Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit. Sollte sich ein Unternehmen der Senkung von Sozialleistung etc. nicht beugen, wird es vom Markt verschwinden und die Angestellten verlieren ihren Beruf, wodurch sie sich in einer Zwangslage befinde.
Alleine aus diesem Grund ist der freie Markt nicht in der Lage Arbeit für jeden Menschen zu schaffen. Und eben weil einige Kapitalisten im Wettbewerb an Bedeutung verlieren (zwangsläufig!) und andere ein Monopol gewinnen, lässt sich unter Fortführung dieser Wirtschaftsordnung auch das Kräfteverhältnis weltweit nicht Verhindern. Die Umverteilung die du ansprichst, beinhaltet gerate den "Plan" einer gerechten Wirtschaft.
"Plan" im Sinne von Kontrolle über den Produktionsprozess, sowohl durch die Mehrheit, als auch auf kleinster kommunalte Ebene, sagt nichts über die Möglichkeiten der freien Berufswahl aus oder über jegliche Form der Entfaltung.
Eine, wie von mir beschriebene, antiautoritäre, geplante Wirtschaft hieße, um auf den Anfang zurückzukommen: Die Belegschaft eines Unternehmens (Bäcker oder Pharma) ist nicht an die Regeln des freien Marktes gebunden, sondern kann autonom entscheiden, dass für die Bedürfnisse der Bevölkerung der Kommune produziert wird. Sie haben die Produkion in der Hand. Es ist kein Plan, wie du ihn dir vorstellst. Im Gegenteil, die Belegschaft ist in diesem Fall nicht an die Regularien des Marktes, also der strukturellen Ausbeutung gebunden. Unter diesen Bedingungen ist gleichzeitig für die Befriedigung der Bedürfnisse aller Menschen gesorgt.

Hier ist weder Mensch, noch Kultur, weder Umwelt, noch Privatleben in irgendeiner Form Regularien, oder den Gesetzen des Marktes, wie es im Kapitalismus der Fall wäre, unterworfen, sondern gewinnt an Autonomie.
Ich habe mir mal einen Satz herausgepickt, da ich finde, dass du dich im Groben und Ganzen darauf beziehst.

Zitat:Der Kapitalismus ist in keiner Form an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Das bekannteste Beispiel ist: Ein Pharma-Unternehmen produziert/erforscht nicht die Medikamente, die in der dritten Welt benötigt werden, sondern die, die sich am besten verkaufen lassen. Der Bäcker backt kein Brot, weil es Hunger gibt, sondern weil er sein Überleben sichern muss.
Der Bäcker backt nicht nur für sein Überleben, sondern auch für das Überleben anderer. Man muss sich überlegen: Dafür, dass er für das Überleben anderer sorgt und ein Grundbedürfnis deckt, bekommt er im Gegenzug einen Ausgleich. Das ist nicht nur beim Bäcker der Fall, sondern auch beim Getränkehersteller, beim Friseur, beim Optiker, etc.
Viele Leute kommen, weil sie ein Bedürfnis haben, was widerum zum Zubrot weniger Dienstleister wird.

Im Kapitalismus gibt es Unternehmen und es gibt die Bestrebung des maximal möglichen Gewinns. Alles kein Problem, und vollkommen legitim, solange die Grundbedürfnisse und die Wünsche der Verbraucher auch vollständig gedeckt werden.

Sicherlich gibt es mit dem Kapitalismus auch Großkonzerne, denen man ihr Geld nicht in den Rachen schieben möchte, da ihre Philosophie zu sehr aufs Geld, und zu wenig auf den Verbraucher ausgerichtet ist. Die Bedürfnisse werden quasi nur schlampig befriedigt. Das kann zu Monopolstellungen, schlecht bezahlen Arbeitskräften, etc. führen. Deswegen schimpfe ich auch gerne auf Windows, Adidas oder McDonalds, sowie deren Konsumenten.

Gerade diese Großkonzerne mit ihrer Überpräsenz in nahezu allen Ländern der Welt prägen den jetzigen Begriff des Kapitalismus: Sklavenartige Behandlungen, Monopolismus, Ausbeutung, Umweltverschmutzung, Finanzskandale.
Jedoch finde ich, sollte man sich nicht von der ca. 90%igen Überpräsenz blenden lassen, und generell den Kapitalismus als etwas böses hinstellen. Es gibt sicherlich auch Konzerne, und das sind geschätzt die unteren 9%, die nicht auf die Ausbeutung oder desaströse Bezahlungen setzen. Ein Beispiel ist z.B. Liqui Moly, aber dafür sind die Produkte dementsprechend teurer, als z.B. "Discounter-Öl" von BP, welcher gerne mal fahrlässig Bohrplattformen mit einem feuernden Inferno ins Meer versenkt.

Deswegen sehe ich eine Verlagerung der oberen 90% zu den unteren 10% (immernoch geschätzte Zahlen) als wesentlich effizienter, ohne eine große Veränderung für die Gesellschaft herbeizuführen, als ein System, zu welchem sämtliche Unternehmen ihre Unternehmensstruktur ändern müssen (von kapitalistisch auf sozialistisch), was sich wieder auf den Verbraucher umwälzt. Dieser mag ja bekanntlich keine großartigen Veränderungen. Und McDoof oder Aldidas werden erst Recht nicht so einen Schritt gehen, und lieber das Prinzip des kleinsten Zwangs anwenden (z.B. über Imageaufbesserungen, auch wenn das noch keine Verlagerung von Reich zu Arm darstellt). Immerhin gibt es bei McDoof schon die Kinderstiftungen oder bei Aldidas irgendwelche Kampagnen gegen irgendwas.
(21.07.2015)Meganium schrieb: [ -> ]Deswegen schimpfe ich auch gerne auf Windows, Adidas oder McDonalds, sowie deren Konsumenten.
Wie soll man bitteschön ohne Windows leben? Computer ist heute schon fast existenziell, und die meisten Programme benötigen Windows.
(21.07.2015)Pony-Flo schrieb: [ -> ]Der Kapitalismus ist in keiner Form an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Das bekannteste Beispiel ist: Ein Pharma-Unternehmen produziert/erforscht nicht die Medikamente, die in der dritten Welt benötigt werden, sondern die, die sich am besten verkaufen lassen. Der Bäcker backt kein Brot, weil es Hunger gibt, sondern weil er sein Überleben sichern muss.

Ich kann mich nur wiederholen, um auf deine Aussage zu reagieren. Ich denke, ich habe für meinen Punkt ausreichend erläutert, warum es keinen gerechten oder sozialen Kapitalismus geben kann.
Der Kapitalismus ist eine Klassengesellschaft.
Genau dasselbe fragen sich manche Kiddies, wie man ohne McDonalds und Coca-Cola überleben kann... Aber da siehst du schon die Monopolstellung, welche Windows in den 90er Jahren bewirkt hat, und somit ein Negativbeispiel für den Kapitalismus ist. Praktisch kaum ein anderer Anbieter in diesem Bereich existiert, außer Apple, Windows und Linux.
(21.07.2015)Pony-Flo schrieb: [ -> ]Der Kapitalismus ist eine Klassengesellschaft.
Das sind fast alle menschlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen seit dem Beginn der Zivilisation. RD wink
Du kannst mir Alternativ-Produkte oder "Moralische" Unternehmen nennen..
Der Ausbeutungsprozess ist für den Kapitalisten und seinen Martkbestand existentiell.
Es gibt kein moralisches kapitalistisches Unternehmen. Der Kapitalismus ist unmoralisch.

Was Windows betrifft. Manchmal (eig. immer) sind wir auf die Produkte unmoralischer Unternehmen angewiesen, da es keine alternative Wirtschaft gibt, die lebenswichtige Produkte hervorbringt.
Zum Leben gehört nicht nur das Essen und Wohnen. Leider ist es manchmal so, dass ausschließlich Marken wie zB Windows kulturelle Partizipation und Sicherheit bewirken.

(21.07.2015)Antanica schrieb: [ -> ]Das sind fast alle menschlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen seit dem Beginn der Zivilisation.  RD wink

Weil unter Zivilisation fälschlicherweise nur Warengesellschaft verstanden wird.
Diese zivilisierten Gesellschaften haben sich entweder autoritär/zentralistisch oder kapitalistisch entwickelt, weshalb ich mit meiner Feststellung, der Klassengesellschaft, gar nicht so weit daneben liege.