Ob es Euthanasie noch gibt?
Okay, die Frage überrascht mich ein wenig, wurde doch vor einigen Monaten in Belgien die sogenannte
"Sterbehilfe für Kinder" legalisiert (die Kritik, Kinder könnten nicht wirklich in der Lage sein, diese Situation oder die Bedeutung von Tod und "Sterben als Erlösung" wie Erwachsenen zu reflektieren, wurde dabei sauber unter den Tisch gekehrt).
Euthanasie (jetzt nicht im Sinne der NS-Zeit) wird neben Belgien auch in den Niederlanden und der Schweiz praktiziert, wobei auch öfters Berichte zu Tage kamen (besonders in den Niederlanden), dass man sie auch auf Wunsch von Angehörigen durchführt, weiter im Gespräch bleibt dort auch, ob nicht eine "Expertenkomission" darüber entscheiden soll, welches Leben erhalten und welches beendet werden soll. Ebenfalls in den Niederlanden wird auch diskutiert, Euthanasie an Schwerbehinderten auszuführen, um "ihr unmenschliches Leid zu beenden". An diesem Punkt haben viele politische Aktivisten den starken Verdacht geäußert, dass man eher auf die Finanzen statt auf das Wohl der Patienten achte. Und verweisen gerne auf den alten Propagandafilm
"Ich klage an" (1941), bei dem ebenfalls mit der stark emotionalisierten Aussagen schwadroniert wurde, ein Kranker müsste von seinem "lebensunwerten Leiden" (das man kritiklos auch auf Behinderte übertrug, auch wenn man dem nicht wirklich sicher sein konnte) "befreit" werden.
Ironie an dieser Stelle: Im angelsächsischen Raum spricht man an dieser Stelle selbstverständlich von "Euthanasie". Im deutschsprachigen Raum eigentlich nur in öffentlichen Diskussionen von "Sterbehilfe" oder "Recht auf ein Sterben in Würde/ selbstbestimmtes Sterben" (wobei man letzteres meiner Meinung nach doch bitte ehrlichkeitshalber "Recht auf Selbsttötung" nennen soll).
Meine persönliche Meinung zu Euthanasie: Bin strikt dagegen. Einzig aus dem Grund, dass man eine mögliche letzte Chance wegwirft. Wenn man am Leben bleibt, stehen noch alle Chancen offen, auch wenn diese noch so gering sind. Wenn man tot ist (und das ist man in den meisten Fällen nach der Euthanasie), bringt einem die plötzliche Feststellung, man könnte das Leiden stark lindern oder sogar jemanden heilen, nichts mehr. "Shit happens" wäre dann wirklich der gleiche Euphemismus, der an dieser Stelle dem Wort "Euthanasie" (gr.: "Der gute Tod") zukommt. In diesem Sinne sei auch auf den
Fall Nathan in Belgien verwiesen, der unter den typischen Aspekt der Kurzschlussreaktion fällt.
Besonders bei älteren Menschen ist zu beobachten, dass sie den Tod eigentlich weniger als Schlussstrich, denn als "Alternative" zum Leid ansehen. Besonders von kirchlich-caritativen Gruppen wird hierzu regelmäßig eine Fokusierung auf das Hospizwesen verlangt, um diesen Menschen neuen Lebensmut zu geben. Bei körperlichem Leid wird besonders auf schmerzhemmende Mophine verwiesen.
Dazu noch ein etwas skuriller Fall, der als marginales Beispiel zum Thema hier mal gespoilert wird. Kommentar meinserseits dürfte dazu wohl nicht mehr nötig sein.
Eine Ärtzin hat in den Niederlanden einen Fall erlebt, in dem ein Arzt den Sterbeprozess eines schwerkranken alten Mannes "beschleunigen" sollte. Es war klar, dass er sterben würde, man war aber im Unklaren, wann. Sein Sohn hat den Arzt darum gebeten, weil er in den langersehnten Urlaub fahren wollte [sic!] und die Beerdigung möglichst davor stattfinden soll, dass er ihn auch genießen kann [!!]. Der Arzt willigte ein und verabreichte dem alten Mann eine - nach seiner Meinung - Überdosis Morphin. Als er nach einer Stunde nachsehen wollte, ob er schon tot sei, wurde der überraschte Arzt von dem Patient, der zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr im Bett lag, sondern darauf saß, lächelnd begrüßt. Schockiert musste der Arzt feststellen, dass diese "Überdosis" genau die richtige Dosis war, um die bisher unerträglichen Schmerzen des Mannes zu lindern.