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Uff. Mächtiges Projekt... Zuerst die gute Nachricht: doch, sowas
ist prinzipiell machbar, solche Sonderzüge sind nicht völlig ausgeschlossen. - Die Beispiel-Route wär da aber schon das erste Problem: London. Urks. Nichts gegen London, aber: auf die Insel kommt eine Eisenbahn nicht so leicht. Durch den Kanaltunnel darf aus Brandschutzbestimmungen nicht jeder x-beliebige Zug durch, sondern nur extra dafür zugelassene Fahrzeuge, und die Wagen, die man so chartern kann, dürften da generell nicht dazugehören. Bliebe die alte Eisenbahnfähre Calais - Dover, von der wiederum weiß ich nicht, ob es sie noch gibt.
Mehrere europäische Städte... bräuchte man also Wagen, die überall zugelassen sind. Denn es ist so: jedes Eisenbahnfahrzeug braucht für jedes Land, in dem es fahren soll, eine Zulassung (allgemeine Typenzulassung reicht) und muß die jeweiligen technischen Anforderungen erfüllen. Am ehesten geht das wohl mit den sehr anspruchslosen alten Bm-Wagen, die haben wenig Technik intus, bieten dafür aber auch nur wenig Komfort (nix von wegen Klimaanlage oder Stromversorgung für Laptops, Beamer, Disco und dergleichen). Bei Wagen mit mehr Komfort kommt dann schon wieder das Problem der Energieversorgung... die müssen dann mehrfrequenzfähig sein. Denn: ein Reisezugwagen bekommt seinen Strom über die Zugsammelschiene (ein gut armdickes Kabel) von der Lok und da von einem Abgriff am Haupttransformator (E-Lok) bzw. Heizgenerator (Diesellok). Nennspannung der sogenannten Zentralen Energieversorgung sind 1000 V.So weit, so gut... jetzt kommen aber die unterschiedlichen Frequenzen
Wir hier in D/A/CH haben in der Oberleitung nominal 15 kV 16,7 Hz, Frankreich hat dagegen 25 kV 50 Hz - klar, die Volt lassen sich runtertransformieren, die Frequenz bleibt aber. Braucht man also Wagen, die mehrfrequenzfähig sind, also entsprechende Umformer / Ladegeräte haben.
Generell alles machbar, aber, und das dürfte der größte Hindernisgrund sein: sowas ist TEUER. Und damit meine ich RICHTIG TEUER... als Privatperson nicht zu finanzieren, dazu brauchst du einen Sponsor. Und auch mit den Ticketpreisen reicht das nicht - mein Wort darauf, erst recht nicht bei vielleicht maximal 200 Leuten im Zug. Siehe dazu nur mal den Thread zum diesjährigen leider ausgefallenen
Pinkie Pie Party Express. Mußt nicht alle 22 Seiten lesen, den ganzen Sage-zu-sage-doch-nicht-zu-sage-ab-Krams kannst du ja ignorieren - der Rest ist aber sehr lesenswert: das wäre praktisch nur ein "halber Sonderzug" geworden und nur innerhalb von Deutschland, und schon das ist an zu hohen Kosten und zu wenig Teilnehmern gescheitert (schade, hatte ich aber befürchtet. Fand die Idee trotzdem klasse und hab das Projekt auch sehr befürwortet und hätte es bei Bedarf mehr unterstützt, allein, weil es mich beeindruckt hat, daß sich jemand an eine solche Idee gewagt hat; allein: ohne Moos nix los, und ohne genug zahlungskräftige Fahrgäste nix zu wollen).
Zur Frage nach den Stationsaufenthalten: richtig, die kosten. Ich weiß es nur für Deutschland; hier ist es so: die Bahnhöfe gehören DB Station & Service (ach ja, sollte ich vielleicht erstmal erklären: also, "die Eisenbahn" als Gesamtkunstwerk gibt es dank der oberaffengeilen Privatisierungspolitik von Helmut Kohl seit dem 1.1.1994 nicht mehr. Dafür die DB AG, die besteht aus der Dach-Holding und darunter fünf großen Tochterbereichen: Netz (also Schienen, Fahrleitung, Weichen, Signale, Stellwerke... eben alles, was man zum Fahren erstmal braucht), Regio (der gesamte Nahverkehr), Fernverkehr (selbsterklärend), DB Schenker (Güterverkehr) und schlußendlich Station & Service (nach der ichweißnichtwievielten Umbenennung und Umorganisation heißen die inzwischen so)). DB Station & Service gehören also die Personenbahnhöfe und Haltepunkte - also all diejenigen Sachen, an denen regulär ein- und ausgestiegen werden kann. Das reicht vom kleinsten Hecken-Haltepunkt-Bahnsteig in der tiefsten Wallachei bis hin zum pompösesten größten Hauptbahnhof. Und für jeden Zug, der dort regulär zum Ein- und Aussteigen hält, werden Stationsgebühren fällig - jeder Bahnhof / Haltepunkt gehört einer Kategorie an, gibt glaub fünf davon. Generell gilt: je größer und "komfortabler" ein Bahnhof ist, desto teurer wird es natürlich auch, an ihm zu halten, und je länger man stehenbleiben will, desto teurer wird es. Gilt alles übrigens nur für planmäßige Halte - wenn man unvorhergesehen an einem Bahnsteig halten muß, weil das Signal an seinem Ende rot ist, wird einem das natürlich nicht in Rechnung gestellt.
Dann werden vermutlich nächtliche Pausen fällig bei so einer langen Tour - sicher, der Zug kann natürlich auch ohne nächtliche Pausen durchfahren, weiß nur nicht, ob das Sinn der Sache wäre. Solche "Übernachtungen" gehen nun auch nicht an jeder Klitsche, sondern der Bahnhof muß Platz für den Zug haben - sowohl Stellplatz als auch freie "Zeit-Slots" für die erforderlichen Rangierbewegungen; am geeignetsten sind dafür natürlich große Halte. Dann sollten vielleicht die Wasservorräte der Wagen (Brauchwasser für Toiletten und Waschräume, Trinkwasser für einen eventuell vorhandenen Speisewagen oder Küche - das können auch Halbspeisewagen, Bistros oder ähnlicher Kram sein) ergänzt werden, will auch vorgeplant sein, daß das Wasserfassen am vorgesehenen Halt überhaupt möglich ist (die entsprechenden Wasserschlauch-Einrichtungen finden sich lange nicht in jedem Bahnhof; und Wasserfüllen mit der Gießkanne würde nicht nur ewig dauern, sondern ist schon von den Anschlüssen her rein technisch nicht möglich, da die Reisezugwagen allesamt Hochtanks unterm Dach haben und nur mit Druck befüllt werden können).
Weil wir gerade bei Stationspreisen sind.... nicht nur die Stationen kosten was, sondern auch die Strecken, wo man langgondeln will. Es gibt auch hier mehrere Kategorien, die unterschiedlich teuer sind - die kleine Wald-und-Wiesen-Strecke mit vielleicht gerade mal 10 t zulässiger Achslast (das wär schon sehr wenig) ist natürlich billiger als die große ICE-Rennbahn mit 30 t zulässiger Achslast. Außerdem sind die Zeiten interessant, zu denen man fahren will: je stärker die Nachfrage, desto höher der Preis. Heißt: will ich unbedingt im dicksten Berufsverkehr im Ballungsgebiet mit meinem Sdz noch durch, werden die entsprechenden Fahrplantrassen (eine Fahrplantrasse ist ein für einen bestimmten Zeitpunkt gebuchter Streckenabschnitt) extrem teuer, wenn man überhaupt noch eine zugewiesen bekommt; fährt man hingegen in tiefster Nacht dieselbe Strecke, wenn ansonsten dort nichts weiter los ist, wirds billiger. Dann sollte man sich fragen: muß der Zug unbedingt über die bekannten und dicht befahrenen Fernverkehrs-Prestige-Rennstrecken, oder darfs auch die Ausweichstrecke nebenan sein, die zwar vielleicht paar km länger ist und niedrigere zulässige Geschwindigkeiten hat, dafür aber lange nicht so dicht befahren und somit billiger ist?
Dürfte im Ausland übrigens alles recht ähnlich sein, wenn man erstmal das Problem gelöst hat, entsprechende Wagen zu haben.
Wie gesagt: ohne zahlungskräftigen Sponsor ist da kaum was zu machen... aber es ist auch nicht generell unmöglich.
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Alleine ist so ein Projekt auch mit Sicherheit nicht zu organisieren - da braucht es doch Leute, die sich mit sowas auskennen. Ich würde mir das selber auch nicht zutrauen - hab gar nicht die nötigen Adressen und Ansprechpartner, um alles zurechtzubasteln; das Thema liegt ja auch zu weit abseits meines normalen Arbeitsbereiches. Geeigneter sollten da professionelle Bahntouristik-Anbieter sein; mal gucken...
BahnTouristikExpress ist mir da z.B. ein Begriff, oder auch
IGE Erlebnisreisen, von denen seh ich auch immer mal Sonderzüge umherfahren... dann gibts auch noch
die hier, die sind allerdings vermutlich "etwas" hochpreisiger, und ob die sowas überhaupt machen würden, weiß ich nicht (fahren üblicherweise ausschließlich mit ihrer TEE-Rheingold-Garnitur umher, Ausland hat sich damit vermutlich gleich erledigt)... und fast vergessen, gut, daß Google sie ausgespuckt hat:
diesen Anbieter gibts ja auch noch, von denen hab ich auch schon Züge fahren sehen.
So einen Veranstalter braucht man auf jeden Fall als Partner... wie gesagt, völlig allein ist das nicht zu machen, weil man ja Wagen braucht, die Fahrplantrassen müssen bestellt werden, es muß sich um die Bespannung (also die Loks) gekümmert werden, genau wie um das Zugpersonal; der Sdz sollte an seinen Haltebahnhöfen auch irgendwie angesagt und angezeigt werden... würd ich nur über so einen Anbieter machen, auf eigene Faust ist man da schnell erschossen. Der Pinkie Pie Party Express wäre ja auch über einen Veranstalter gelaufen (weiß aber nicht auswendig, welchen).
Ja, das wär erstmal ein erster Einblick in das Thema... würde mich freuen, wenn ich geholfen habe
Allzu viel weiß ich zu Charter- und Sonderzügen leider auch nicht, weil sie eben wie gesagt weit abseits von meinem normalen Arbeitsgebiet liegen und ich mit ihrer Organisation noch nie was zu tun hatte (war nur vor vielleicht 12 Jahren oder so mal als Zugbegleiter in einem Sonderzug eingeteilt, war ganz lustig), aber vielleicht waren meine Ausführungen ja besser als nichts.
Deine Planungszeiten sind übrigens realistisch: die Fahrpläne für reguläre Züge (sowohl Reisezüge als auch Güterzüge) selber werden europaweit zwei Jahre im Voraus geplant, da werden Sachen wie Baustellen, Anschlüsse usw. berücksichtigt. Für Sonderzüge gilt: je früher man sie anmeldet, desto besser, desto eher bekommt man noch seine gewünschten Fahrplantrassen (denn für die gilt natürlich: wenn weg, dann weg - klar, wenn einmal ein Zug drauf ist, ist er dort). - Ein Jahr Marktforschung / Vorausplanung und ein weiteres Jahr tatsächliche Buchung / Planung sind durchaus realistisch eingeschätzt.
So, dann lese ich gerade noch "Friendship Express", da fällt mir noch was ein: womit sollte der dann behängt werden? Etwa wie in der Serie mit einer Dampflok?? Hoffentlich nicht - denn eine Dampfer würde die Sache noch weiter verkomplizieren, weil sie ständig Wasser fassen muß und bei einer so weiten Strecke natürlich auch bekohlt und ggf. entschlackt werden muß. Und die für Dampflokbehandlung notwendigen Anlagen gibt es so gut wie nirgends mehr... damit wär der Zug nochmal komplizierter zu planen und noch teurer. Weniger stilvoll, dafür aber problemlos einsetzbar sind, je nach Strecke, normale E- oder Dieselloks.
Konkrete Zahlen kann ich leider keine anbieten... aber so eine Tour quer durch Europa: sag mal ab 100.000 € aufwärts. Eher mehr. Wie weiter oben schon geschrieben: ohne Sponsoren halte ich persönlich es für finanziell schlicht nicht machbar, zumal pro Streckenabschnitt 150 Fahrgäste auch sehr wenig für einen ganzen Zug sind (ein Reisezugwagen hat, je nach Bauform, meist so um die 80 Plätze; 1. Klasse um die 60). Ob Hasbro wohl als Sponsor interessiert sein könnte...?
Dann würde ich mich freuen, wenn du mich weiter über die Idee auf dem Laufenden halten würdest
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