Zunächst einmal ist die äußere Form sehr gut. Fehler sind mir bisher nicht aufgefallen und die Absätze, Grammatik etc. sind alle fehlerfrei.
Die Idee ist sehr schön und erinnert mich stark an Deadmen Wonderland. Das erste Kapitel könnte an einigen essenziellen Stellen jedoch länger sein, denn so fürchte ich, erweckt es kaum Gefühle.
Zitat:Er konnte sich an nichts mehr erinnern. Hatte keinen Schimmer davon, was hier vorging. Wusste nicht einmal, warum er hier war.
Cpt. Obvious strikes again! Einmal sagen, dass er sich an nichts erinnern kann reicht, drei mal muss nicht sein.
Zitat:Jetzt war er nur noch verwirrter. Und unruhiger.
Telly! Das ist der Hauptgrund für die Emotionslosigkeit. Zum einen hat man nicht einen Einblick in den Körper deines OCs (der auktoriale Erzähler erläutert alle körperlichen Erfahrungen). Gerade bei Sinneseindrücken wie Konfusion oder Schmerz kann man dies gut durch Körpersprache, Mimik/Gestik zum Ausdruck bringen. Ich leide nicht mit dem Kerl mit, weil alles so distanziert wirkt.
Zitat:Aber er konnte sich unter Aufwand all seiner Kraft unter ihnen zur Seite drehen. Das brachte ihm allerdings nichts als Schmerzen, weil die Gurte nun noch enger spannten, also drehte er sich wieder zurück.
"Er packte auf die heiße Herdplatte und weil es weh tat, zog er die Hand wieder zurück" <- Ist eine ähnliche Aktion, jedoch ohne jegliche Emotion. Der Charakter verzieht weder vor Schmerz das Gesicht, noch wird der Schmerz genauer beschrieben.
Du handelst in zwei Sätzen den Tod seiner Eltern und deren Begräbnis ab, ohne auch nur einmal auf die Gefühlswelt deines Charakters einzugehen. Auch aus dem Klischee der toten Eltern lassen sich große Emotionen holen. Ein Kind, dass die eigenen Eltern begraben muss - das muss ein schreckliches Trauma sein. Da du aber nichts davon erzählst, ob er dabei gelitten hat oder mit einem Grinsen ihre steifen Körper unter die feuchte Erde geschaufelt hat, wirkt der OC ein wenig unsympathisch und neutral.
Zitat:„Ich habe nichts getan! Wirklich nicht! Das ist ein Irrtum. Bitte! Lasst mich gehen. Ich will nicht sterben!“, jammerte er
Jammern ist in etwa das Gleiche wie Beschweren und passt hier nicht wirklich. Versuch es mit flehen oder winseln.
Zitat:Dann brach er in Tränen aus.
Hier dachte ich "WTF?!", weil es so plötzlich kam. Im ersten Moment schreit er noch die Wachen zusammen und im nächsten ist er innerlich zerbrochen? Da fehlt die Beschreibung der Gefühlswelt. Der aufkommende Geschmack der salzigen Tränen, die Wut im Bauch gegen diese Ungerechtigkeit und dann die Trauer und Hoffnungslosigkeit, als die Wachen den Raum verlassen und er seinen Gefühlen freien Raum lassen kann.
Insgesamt ist das Kapitel ganz in Ordnung, jedoch fehlt es an Emotionen. Teilweise geht alles viel zu schnell, wie z.B. dass Silver Scar aufgibt oder der Tod seiner Eltern. Wenn du diese Stellen ausbaust und uns auch mal eine Innenansicht von Scars Gefühlen spendierst, dann wird es zu einem sehr guten Kapitel. So ist es aber leider nicht sonderlich packend, auch wenn die Idee sehr interessant ist und viel Potential hat.