Artsy Filmabend ist artsy.
The Lighthouse 10/10
Inzwischen einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Auf der Oberfläche ein schickes schwarz weiß Kammerspiel auf einer Leuchtturminsel, bei der Robert Pattinson und Willem Dafoe sich langsam gegenseitig in den Wahnsinn treiben und irgendwas Übernatürliches vor sich geht. Unter der Oberfläche tut sich dann eine gigantische Vielfalt an Interpretationsmöglichkeiten und Symbolismus auf, die erforscht werden wollen.
Handwerklich, schauspielerisch und cinematographisch ist der Film allererste Sahne, aber was ich vor Allem an ihm mag (und was ihn von vielen pseudo anspruchsvollen Kunstfilmen abhebt) ist die symbolische Klarheit. Viele Kunstfilme werfen einen mit Metaphern und Referenzen zu, die nicht zusammen passen und damit kaum eine Interpretation zulassen. Lighthouse ist definitiv auch in verschiedene Richtungen zur Interpretation offen, aber die Symboliken und Metaphern, die er wählt, fügen sich sinnvoll zusammen und ergeben einen Film aus einem Guss statt einer sinnlosen Aneinanderreihung von Themen. Und so macht es eben auch Spaß sich damit zu beschäftigen statt nur verwirrt rumzusitzen und zu fragen, was der Film von einem will.
Die angeschnittenen Themen (Maskulinität, (Homo)Sexualität, Dominanz und Unterwerfung, die prometheische Auflehnung gegen alte Hierarchien, nautische Archetypen und zig mehr) sind es dabei auch definitiv wert erkundet zu werden und bieten Stoff für viele Filmdiskussionen, wenn man auf sowas steht.
Kein Film für Feinde von Arthouse Kino, aber für Zuschauer, die damit Etwas anfangen können, einer der Besten Vertreter seiner Art.
I'm thinking of Ending Things 8,5/10
Eine extrem unangenehme Filmerfahrung, aber auf gute Weise. Es geht um ein Paar, dass sich auf den Weg zu den Eltern des Mannes macht, damit diese seine Freundin kennen lernen können. Dabei hören wir den inneren Monolog der Frau, die darüber nachdenkt es zu beenden. Sollte man meinen, aber das nehme ich euch höchstens in einem Spoiler vorweg
Der Film ist visuell und vom Sounddesign fantastisch gestaltet. Die Kamera hält immer ein wenig länger als für den Zuschauer angenehm auf einer Einstellung und erzeugt ein konstantes Gefühl des Unwohlseins. Je länger der Film voran schreitet, desto weniger kann der Zuschauer seiner Wahrnehmung trauen, während sich eher subtile Änderungen (z.B. in der Kleidung der Frau) zu immer größeren Unstimmigkeiten ausweiten. Irgendwann weiß man gar nicht mehr was los ist und der Film klärt dies Alles auch nicht im direktesten Wege auf. (Mehr dazu im Spoiler).
Der Film ist deprimierend und desillusionierend, aber das soll er auch sein. Obwohl über weite Teile des Films nichts passiert abseits von Gesprächen in einem Auto, war ich an den Bildschirm gefesselt und wollte unbedingt wissen wie es weiter geht. Ich muss aber auch zugeben, dass er sich in der zweiten Hälfte etwas zieht (was vor Allem im Kontrast zu der großartigen Sequenz im Hause der Eltern auffällt). Die Auflösung selbst, wenn auch extrem passend, bietet auch nicht ganz so viel Tiefe und Diskussionspotenzial wie zB. ein Lighthouse, ist es doch eher eine psychologische Exploration einer Einzelfigur. Das gibt ihm langfristig ein bisschen weniger Wiederschauwert, denn wenn man den Twist einmal verstanden hat und den Film mit diesem Wissen nochmal neu gesehen hat, gibt es nicht mehr sooooo viel zu sagen. Aber einem Film zweimal in kurzer Zeit sehen zu wollen ist trotzdem ein dickes Qualitätsmerkmal.
Lob an den Film, dass sich spezifisch auf den "Twist" bezieht:
Dass er ganze Film im Grunde eine Fantasie eines Mannes ist, um sich von seinen intrusiven Suizidgedanken abzulenken ist aber absolut klasse umgesetzt und wenn man den Film unter dieser Linse betrachtet fügen sich alle Ungereimtheiten nahtlos zusammen, was echt cool ist. Kleine Dialogfetzen vom Anfang bekommen eine Doppelbedeutung und kommen später zurück. Der Film ist in dieser Hinsicht extrem stimmig und bietet eine der besten Darstellungen depressiver Gedankengänge, die ich bisher gesehen habe. Und das Ende tut dann so richtig weh, wenn man darüber nachdenkt wie leer das Leben dieses Mannes sich für ihn angefühlt hat. Ich finds aber auch gut, dass sie es mit "schlechten" Eltern oder Ähnlichem nicht übertreiben, die Darstellung des Mannes und seines Lebens ist sehr geerdet.
Guter Film, den ich nicht empfehlen würde, wenn man gerade mit Depressionen kämpft oder was gegen Arthouse Kino hat. Filmisch und cinematographisch ein absolut großartiger Streifen.
Komm und sieh 10/10
Bei Komm und sieh handelt es sich um einen russischen Antikriegsfilm, der im 2. Weltkrieg spielt. Der Film hat einen Ruf als schlimmster Antikriegsfilm aller Zeiten und den hat er auch zurecht. Der Film lässt einen einfach nur leer und fassungslos ob der Dinge zurück, die damals ja wirklich so oder so ähnlich passiert sind. Zwischendurch wollte ich den Film auch einfach nicht mehr sehen, weil es einfach nirgendwo auch nur den Schimmer einer Hoffnung gibt. Wirklich furchtbar anzusehen, aber das ist ja auch der Sinn der Sache.
Schwer etwas positiv zu bewerten, was in einem derart negative Emotionen hervor ruft, aber er hat sein Ziel ja definitiv erreicht.
Großen Respekt an den Schauspieler, der Fljora gespielt hat und schon in jungen Jahren eine Auszeichnungswürdige Performance abgeliefert hat. Offenbar ja auch unter furchtbaren Bedingungen am Set, die Alles Andere als zulässig sein sollten, aber das wäre ein Anderes Thema. Die Leistung spricht jedenfalls für sich.