Ich denke, Kernfusion wird noch fuer lange Zeit nichts weiter als eine extrem teure, technische Spielerei sein.
Mit ITER koennte es vielleicht das erste mal moeglich werden, durch Kernfusion mehr Energie zu gewinnen, als man zufuehren muss. Hab vorhin erst einen BBC Bericht zur Kernfusion gelesen. Da ging es die ganze Zeit nur um Energieerzeugung im Megawattbereich, was ja auch klar ist, schliesslich sind das ja alles nur Testanlagen.
Problem ist, dass selbst diese kleinen Anlagen so extrem teuer sind, dass es sich wahrscheinlich jeder Energiekonzern zweimal ueberlegen wird, ob er in diesen Bereich investiert. Das Geld kann schliesslich auch in konventionelle Energieerzeugung investiert werden, wo man sich sicher sein kann, dass man die naechsten 10 Jahre noch Gewinne einfahren kann. Und da Energiekonzerne nunmal keine Familienbetriebe sind, hat die Leitung des Konzerns auch keine Motivation, sich darueber Gedanken zu machen, was nach der eigenen Amtszeit passiert.
In der Theorie ist das jedoch alles total toll, wie so ein Kraftwerk nahezu unerschoepfliche Ressourcen zur Energieerzeugung hat. Nur wird keiner die alten Kohlekraftwerke abreissen, um neue Fusionskraftwerke hinzusetzen, denn diese uralten Kohlekraftwerke sind schon laengst abbezahlt und die einzigen Ausgaben sind die Kosten fuer das Personal und die Kohle. Und Kohle wird es noch locker fuer ueber 200 Jahre in akzeptablen Ausmass geben, weshalb die Teile am Netz bleiben, bis sie auseinander allen oder die Politik den Betreibern einen Strich durch die Rechnung macht.
Weiterhin wurde in dem Bericht erwaehnt, dass das erste Demonstrationskraftwerk 2040 in Betrieb gehen soll. Also werden wir 2040 ueberhaupt erstmal sehen, wie sich Fusion zur Energiegewinnung eignet und mit welchen Groessen wir es da zu tun haben.
Wenn die Fusionskraftwerke dann auch nur so 1 bis 2 GW bringen, muss aber noch eine ganze Menge in Sachen Kosteneinsparung getan werden, damit diese Kraftwerke mit anderen Kraftwerken mithalten koennen.
Wenn sie jedoch beispielsweise 20 GW bringen, muss dann noch extrem viel in Richtung Netzausbau getan werden. Und was das anbelangt kann ich mir jetzt schon die ganzen Hippies vorstellen, die sich an Baeumen festketten, um Hochspannungsleitungen durch z.B. Harz und Thueringer Wald zu verhindern.
Ich gehe mal davon aus, dass Fusionskraftwerke Grundlastkraftwerke sind, oder? Dann muss sich auch noch zeigen, wie schnell man die Dinger hoch und runter fahren kann, um die Produktion dem Tagesverlauf des Energieverbrauches anzupassen. In absehbarer Zukunft werden wir eventuell den gesamten Mittagsstromverbrauch durch Photovoltaik abdecken koennen, wodurch alle anderen Kraftwerke gezwungen sind, im Standby zu laufen. Da koennten uns Grundlastkraftwerke (FKK
- Fusion, Kern, Kohle) ziemliche Probleme bereiten, wenn wir es nicht auf die Reihe bekommen, die Energie vernuenftig zu speichern. Ein Ansatz waere dabei, Fusionskraftwerke mit Druckluftspeicherkraftwerken zu kombinieren, um bei geringen Verbrauch Luft in unterirdische Kavernen zu pressen und sie bei Bedarf wieder durch eine Turbine zu jagen. Dem Fusionskraftwerk wird dabei Waerme entnommen, um die Luft vorzuheizen, damit die Turbine nicht einfriert.
Ah, und wo ich gerade das mit der Strahlung lese. Nur weil das die meissten hier im Thread nicht stoert, heisst das noch lange nicht, dass das alle anderen auch nicht stoert (ich gucke da jetzt wieder zur gruenen Fraktion
). Und wenn dann mal alte Kraftwerksteile zu irgendwelchen Endlagerstaetten gefahren werden muessen, werden sich die entsprechenden Leute genau so an die Bahnschienen ketten, wie sie das auch bei Atommuelltransporten tun.
Alles in Allem muss ich sagen, dass diese Technologie zwar sehr interessant ist und viel Potenzial besitzt, wir jedoch nichts davon zu Gesicht bekommen werden (es sei denn, uns gelingt ein medizinischer Durchbruch und wir werden alle 200 Jahre alt). Moegliche Gruende, die mir dafuer eingefallen sind, waeren:
- Technologie steht noch am absoluten Anfang;
- Aufwand uebersteigt Nutzen bei Weitem (begruendet sich durch Punkt 1 und wird noch einige Jahrzehnte so bleiben), weshalb sich Investoren zurueckhalten werden;
- Stromnetz nicht weit genug ausgebaut (was sich hoffentlich in den naechsten 5 bis 15 Jahren aendert);
- Mit der Entwicklung der Fusionstechnologie ist es nicht getan. Es muessen auch entsprechende Technologien zur Speicherung entwickelt werden;
- Strahlung. Zwar weniger als Kernenergie, aber mehr als Kohle, Solar usw.;
- Hippies, vor allem in der Politik, koennten der Technologie Steine in den Weg legen.
Trotzdem bin ich natuerlich fuer die Forschung in diesem Gebiet! Wir werden zwar meiner Meinung nach erst in 100 bis 200 Jahren einen Teil unserer Energie durch Fusion gewinnen, aber irgendwann muss man schliesslich mal anfangen, in dem Gebiet zu forschen. Und je frueher desto besser!