(24.08.2013)Lunara schrieb: "Psychisch krank"?
Ich mag es nicht, wenn Pinkie als "psychisch krank" betitelt wird.
Sie hat allgemein eine sehr einzigartige Psyche, die sich von der jedes anderen Ponys unterscheidet.
Im positiven wie im negativen Sinne - natürlich sind da auch ein paar Problemchen bzw. Störungen inklusive.
Deshalb ist aber noch lange nicht der ganze Charakter "krank".
Und jetzt mach dich auf eine Wall of Text gefasst, in der ich das alles mal genauer ausführen werde.
Pinkies Denkweise ist ziemlich speziell. Pinkie ist ein Pony, das es schafft, selbst mich immer wieder zu überraschen.
Sie hat viele ungewöhnliche Ideen. Ihr "Element of Laughter" lebt sie total aus, um Witz, Lockerheit und Lachen in fast jede Situation zu bringen - eine Fähigkeit, die sie über die Staffeln hinweg
noch verbessert hat und umso gezielter einsetzt.
Sie sieht in eigentlich jeder Situation das Gute -
und geht die Dinge gerne kreativ an.
Natürlich eckt sie mit dieser Denkweise auch öfters an.
Man könnte Pinkie vorwerfen, dass sie Situationen oft nicht mit dem nötigen Ernst angeht, dass sie naiv und gutgläubig sein kann, dass sie dazu neigt, Dinge falsch einzuschätzen und dass sie sich kindisch verhält.
Und alle diese Vorwürfe würden stimmen. Letzteres ist aber etwas, das ich besonders an Pinkie mag – nur so nebenbei bemerkt.
Außerdem lebt Pinkie, obwohl sie so kontaktfreudig ist, dennoch ziemlich in ihrer eigenen Welt - so dass sie manchmal doch sehr realitätsfern ist. Es ist z.B. nicht "normal", in
dieser Situation die Gefahr nicht zu erkennen. Oder
Nightmare Moons Auftritt für einen Spaß zu halten.
Mir würden hier noch viele weitere Beispiele einfallen - Pinkies Gehirn funktioniert in vielen Dingen einfach
anders.
Diesen Aspekt könnte man natürlich, wenn man will, als „krankhaft“ bezeichnen. In den Maßstäben unserer Welt würde das wohl so klassifiziert. Ich … naja, ich finde dieses „Problem“ von Pinkie jedes Mal zum Dahinschmelzen süß.
Aber objektiv gesehen bringt das ihr und anderen natürlich manchmal Schwierigkeiten.
Ich muss da beispielsweise an „Swarm of the Century“ oder „Luna Eclipsed“ denken. In beiden Folgen hatte Pinkie eine fast schon genial-gute Idee (die Parasprites durch Musik beschwören bzw. den Kindern einen Roleplay-Gruselspaß bieten), aber sie war auch absolut unfähig zu begreifen, dass nicht jeder versteht was sie vorhat.
Und in beiden Folgen hat das Probleme bereitet. Pinkie
ist teilweise auf ihre ganz eigene Weise ‚social awkward‘. Das merkt man auch daran, dass sie
Sarkasmus nicht versteht.
Ein extremes Beispiel für Pinkies eigenartige Denkweise ist „MMMystery of the Friendship Express“. Denn Pinkie scheint ihre abstrusen Diebstahl-Theorien da tatsächlich selbst zu glauben – und diese Geschichten sind zwar ziemlich kreativ (was umso bemerkenswerter ist, wenn man bedenkt, dass Pinkie sich das alles spontan ausdenkt), aber haben keinen Bezug zur Realität und ergeben nichtmals Sinn. Hier ist Pinkie, in ihrer ganzen übersprühenden Fantasie, tatsächlich 100% realitätsfern.
Ja – Pinkies Gehirn funktioniert nicht immer nachvollziehbar. Oft ist dieses Pony gerade deshalb genial (wer merkt sich schon die Geburtstage eines ganzen Dorfes und kann diese in Sekundenschnelle auf den Tag genau berechnen?!), manchmal dann weniger.
Ich schätze Pinkies IQ einerseits als sehr hoch, andererseits als ziemlich schwierig messbar ein.
„Ungewöhnliche Denkweise“ abgehakt, kommen wir zum Punkt „ADS“. Das wurde ja im Startpost angesprochen.
… „Leidet sie unter ADS?“
Nicht im Ernst …
Das Wort
leiden sagt schon alles. Pinkie ist garantiert nicht krankhaft hyperaktiv, so dass sie irgendwie darunter leiden würde.
Sie ist aktiv, aber nicht hyperaktiv in dem Sinne. Ihr spezielles Talent sind Partys, und sie liebt ihr Talent. Sie ist sehr begeisterungsfähig und energetisch, und natürlich redet sie gerne. Außerdem wird sie nicht gerade schnell müde.
Aber das alles ist einfach ihr lebensfrohes Naturell.
Sieh dir z.B.
diese,
diese oder
diese Szene an und sag mir noch einmal, dass Pinkie unter Hyperaktivität leidet. Wenn sie nicht gerade von etwas sehr begeistert ist (oder das Gegenteil der Fall ist), dann ist sie einfach aktiv, fröhlich und ausgeglichen.
Punkt „ADS“ abgehakt.
Was ist der nächste Punkt? Du hast was von „Schizophrenie“ gesagt. Also kommen wir mal auf Pinkies Unsicherheiten zu sprechen.
Ja, Pinkie neigt dazu, unsicher zu sein. Das merkt man z.B. deutlich in „A Friend in Deed“, als Cranky nicht lächeln will.
Ihr lebenslanges Talent, andere glücklich zu machen und gute Stimmung zu verbreiten, scheitert hier erst einmal völlig. Das
verunsichert sie ziemlich und sie versucht direkt, dagegen anzugehen – dabei übertreibt sie es auf eine Weise, die weder Cranky noch ihr selbst gut tut. Nun ja, bis zum Ende der Folge zumindest.
Pinkie kann also schon wegen Kleinigkeiten an sich selbst zweifeln.
Dann natürlich „Wonderbolt Academy“.
Pinkie ist so besorgt um Dash und möchte so sehr, dass ihre Freundin es schafft, eine Wonderbolt zu werden. Deshalb harrt sie sogar vor ihrem Briefkasten aus, während sie auf Neuigkeiten wartet. Man sieht’s einmal wieder – Pinkie ist eine extrem gute Freundin.
Und trotzdem schreibt Rainbow ihr erstmal nicht. Pinkie könnte die Sache nun realistisch betrachten - 3 Tage sind keine lange Zeit, vor allem wenn jemand sich gerade erst in einer Schule/Akademie einlebt. Aber stattdessen bekommt sie sofort Verlustängste.
Dass Dash ihre Freunde buchstäblich
vergessen hat, wie Pinkie glaubt, ist hierbei natürlich vollkommen unrealistisch und aus der Luft gegriffen. Siehe meine Bemerkung zu „MMMystery“ – auch wenn sie besorgt ist kann Pinkie ziemlich realitätsfremd sein.
Pinkie tat mir in der Folge ganz schön Leid, auch wenn
das hier natürlich ein Cuteness Overload war …
Sie ist (bekanntermaßen) ein Pony, das absolut begeistert ist von seinen Freunden.
Das merkt man besonders in „Too Many Pinkie Pies“ – jede Kleinigkeit, die sie zusammen mit ihren Freunden tun kann, sieht sie als großen Spaß an.
Pinkie Pie schrieb:Timing myself galloping back and forth between the swimming hole and Sweet Apple Acres. I'm trying to cut down my time so if Rainbow Dash dives off the swing, I can get to Sweet Apple Acres to help with the barn raising, and then be back in time to see Rainbow Dash hit the water after doing a double flip! If I can cut my time by only twenty minutes, I'm good.
Was ist so besonders daran, AJ beim Scheunenbau zu helfen oder zuzusehen, wie Rainbow Dash ins Wasser springt?
Pinkie zumindest genießt das alles sehr, und sie
findet es so besonders, dass sie plötzlich nichts mehr davon verpassen möchte.
Diese spontane Idee des „nichts-verpassen-wollens“ bringt sie sogar auf die nächste Idee, Duplikate von sich selbst zu erschaffen. Das ist natürlich auch nicht „normal“ im klassischen Sinn - und ziemlich unvernünftig.
Pinkie hat sich seit dem Sonic Rainboom in ihrer Kindheit dazu verschrieben, nicht nur anderen eine Freude zu machen, sondern auch selbst das Leben zu genießen. Eine insgesamt sehr gute Lebenseinstellung – aber in dieser Folge versucht sie, den Spaß mit ihren Freunden ins Extrem zu treiben. Das hat natürlich Konsequenzen, die niemandem gefallen, und am wenigsten
ihr selbst.
Ich denke aber, dass eine andere Szene der Folge ausschlaggebender für Pinkie als Charakter ist. Und damit meine ich
diese Szene.
Als Twilight sagt, dass sie nicht weiß, welche Pinkie die echte ist, zweifelt Pinkie
automatisch an sich selbst.
Pinkie legt extrem viel Wert auf ihre Freunde, was allgemein eine tolle Eigenschaft ist – aber sie hat auch den Nachteil, dass Pinkie sich sehr leicht von diesen Ponies abhängig macht.
Deshalb kann sie's natürlich gar nicht ertragen, als sie in „Party of One“ im festen Glauben ist, ihre Freunde würden sie nicht mehr mögen.
Allgemein ist Pinkie in
keinster Weise schizophren – aber hier zeigt sie eine ganze Bandbreite an „gestörten“ Verhaltensweisen, um irgendwie mit dieser doch extremen Situation klarzukommen. Sie bricht komplett aus ihrem üblichen Verhalten aus und wird ein ganz anderes Pony.
Insgesamt kann man sagen – Unsicherheiten sind etwas Normales. Pinkie jedoch lebt
sehr für die Ponys, die ihr wichtig sind. Das ist eine bewundernswerte Eigenschaft – genau deshalb ist Pinkie so eine loyale, freundliche und mitfühlende Freundin. Auf der anderen Seite geht Pinkies Abhängigkeit von den Fünf schon ins Extreme. Diese Ponys zu verlieren wäre die absolute Horrorvision für sie, und deshalb zeigt sie stellenweise ziemlich starke Verlustängste. Sie definiert sich zu sehr durch ihre Freunde – und das alles ist nachvollziehbar, aber trotzdem, ja, eindeutig „gestört“.
Ich denke, jetzt habe ich alles abgehakt, was Pinkie so an psychischen Auffälligkeiten zeigt.
Und ich sag's offen – da kommen ein paar Dinge zusammen. Teils sind es Schattenseiten ihrer guten Eigenschaften, teils sind es Probleme, die Pinkie durch ihr einzigartiges Denken hat.
Einiges könnte man auch dadurch erklären, dass Pinkies Kindheit ziemlich trist und freudlos war und ihre Eltern ihr sehr kritisch gegenüber standen. Ich würde so den größten Teil ihrer Selbstzweifel erklären, und ihren gewissen Drang, ihre Kindheit nachzuholen. Wozu auch ihre Idee, nichts verpassen zu wollen, zählt, die sie in „Too Many Pinkie Pies“ überkommt.
Trotzdem – das alles waren Einzelsituationen, die ich jetzt ziemlich genau beleuchtet habe. Jeder hat mit gewissen Problemen zu kämpfen: und Pinkie ist ein ungewöhnliches Pony mit manchmal ungewöhnlichen Problemen.
Den Großteil der Serie jedoch ist Pinkie glücklich, einfallsreich, sprühend vor Lebenslust, kompromisslos sie selbst, eine loyale Freundin, aufgeweckt und eine regelrechte Quelle für gute Laune. Und außerdem: unproblematisch und optimistisch.
Ich finde, man kann von Pinkie vieles lernen.
Und deshalb mag ich die Bezeichnung „psychisch krank“ nicht – ein Pony mit gewissen Auffälligkeiten (meinetwegen auch „Störungen“), ja – aber nicht zusammenfassend „krank“!
Wegen all dem mag ich Pinkie nur noch mehr. Es gibt gewisse Probleme, die man nie loswerden wird und kann, und die immer wiederkehren werden – das gilt für jeden. Aber wenn man seine ganz eigenen Probleme
akzeptiert, kann man sein Leben trotzdem sehr genießen. Genau das tut Pinkie – und außerdem hilft sie anderen, ihr Leben zu genießen. Ist das nicht umso inspirierender?