Über das Meiste bezüglich des Phantasmas haben wir zwar schon groß und breit und noch größer und noch breiter in der Betalesephase oder via Skype gesprochen (oder gestritten), aber hier meine ganz persönlichen zwei Pfennige.
6-1 fängt für dich sehr ungewöhnlich an. Nicht weil dir Slice of Life-Szenen überhaupt nicht gelingen, sondern weil sie für dich sehr unüblich sind. Warum auch immer. Die anfängliche Begegnung mit uns bis dato drei völlig unbekannten Figurinen ist jedenfalls ein sehr angenehmer Kontrast gewesen und zeugt davon, dass unter deiner pechschwarzen, von finstersten Emotionen geprägten Fassade durchaus ein kleiner Feingeist steckt. Es bleibt abzusehen, ob bei der derzeitigen Entwicklung deines Roten Fadens noch einmal Platz für eine derartige Entwicklung (vor allem mit einem derart stattlichem Umfang) bleiben wird. Momentan sieht das schließlich eher nach einer dunkelrot durchtränkten Schlachtenplatte voller obzöner Beleidigungen, gebrochener Herzen und Holzhammervorgehen aus (zum letzten Begriff später mehr; der ist mehr beschreibend, als wertend gemeint).
Es folgt jedoch der unvermeintliche Rückkehrschub in deine eigentliche Zeitlinie für die Chronik I und wir befinden uns wieder bei Trixie, die aus ihrem (Alb)Traum aufwacht, durch ihre Desorientiertheit zum ersten Mal Verletzlichkeit demonstriert und (seit dem Kapitel #1) wieder einige Sympathiepunkte gutmachen kann. So einfach kann das Schaffen von Empathie sein, Herr Nonsense, aber gekonnt zerkrümmelst du die zarten Ansätze wieder, nachdem Discord Trixie um ihre (vermeintliche) Vergangenheit aufklärt. Chance verpasst (ob absichtlich oder unabsichtlich, sei dahingestellt; ist auch nicht sonderlich wichtig).
Es folgen ein paar Vorbereitungen auf beiden Seiten und wir springen galant zu 6-2. Denn es beginnt das große Gemetzel (um einen simplen Attentäterjob umzusetzen, richtig?). Oder auch nicht, weil uns Luna unaufgefordert von der Welt erzählt. Immerhin vollführt sie, was Discord sich ein Kapitel vorher noch im Detail gespart hat. So fließt ein weiteres Kapitel dahin, das wieder mehr Fragen aufwirft, als verbindliche Antworten zu geben, kann man eine große
Chronik (wohl eine versteckte Metaebene seitens des Autors
) eben nicht in einem einzigen Gespräch so darstellen, dass praktisch keine Fragen mehr offen bleiben und jeder über jeden Aspekt im Bilde ist. Mögliche Logiklöcher werden daher erstmal weniger thematisiert und sind für den Moment auch nicht wichtig, da die Hintergrundgeschichte es immerhin schafft im Großen und Ganzen entsprechend der
inneren Logik deiner Geschichte stimmig zu sein. Ein durchlöcherter Schwamm hält schließlich auch sein Wasser.
Besondere Hervorhebung verdient noch
grumpy Twilight. Ich mag sie einfach unausgeschlafen und mürrisch.
Im Anschluss beginnt dein kleiner Städtekrieg, den ich recht kurz abhaspeln werde, weil wir so lang und breit darüber gesprochen haben, dass es mir zu den Ohren raushängt. Zusammengefasst tut es dem Text definitv gut, dass du zumindest den Elementen der Harmonie eine ernsthaftere Attitüde als vorher gegeben hast, die nicht mit einer absolut verharmlosenden BUCKYEAH!-Einstellung mit wehenden Bannern ins Gemetzel springen. Der Rest ist so lala, was ich aber völlig auf meine Vorliebe für (möglichst) authentische Schlachtendarstellungen nehme.
Bei dir fleucht einfach viel zu viel cineastisch geprägte Hektik, Szenenwechselei, erzwungene Dramatik und ein Übermaß an Ideen herum, die kaum so gut verknüpft werden, wie man es hätte tun können. Übrig bleibt, hier erhebe ich keine Diskussion, ein unterhaltsames, grell blitzendes, laut krakelendes Explosions-Farb-Gewitter, aber mit nur wenig Substanz, Sinn und angefüllt mit völlig aus dem Hut gezauberten Einfällen. Dein Schreibstil, der eben nicht der Schlechteste ist, und die immer wieder aufblitzenden Elemente deines Roten Fadens halten es einigermaßen zusammen, aber in Punkto "Handwerk" ist das nicht wirklich dolle. Zu viel loses Flickschusterwerk; was an und für sich sogar erträglicher wäre, wenn die entsprechenden Flicken selbst nicht noch ungemein konstruiert wären, aber sei's drum.
Jedenfalls erlangt es bei weitem nicht die atmospährische Dichte deines ersten Jagd-Teils, dafür hat man in bester Michael-Bay-Manier an jeder Häuserecke Explosionen. Hat ja auch seinen
appeal.
Ganz nebenbei, als kleinen Exkurs sozusagen, möche ich dir ans Herz legen deine kreative Zukunft nicht im Schreiben zu suchen. Du bist einfach ein sehr direkter Typ, hantierst gerne mit harten Emotionen, dem beliebten Holzhammer (warum subtil, wenn es auch direkt in die Fresse geht?) und beschreibst viele Expositionsfragmente (z.B. die der befreiten Verbrecher) als ob du eine Visual Novel bzw. einen Comic mit Text versorgen müsstest. Insofern wäre es in einiger Zeit vielleicht kein schlechter Gedanke mal in diesen Bereichen zu schauen, ob das nicht eventuell das eher geeignete Medium für dein kreatives Schaffen ist. Ich stelle mir jedenfalls deine bisherigen Ergüsse mit dazugehörigen Bildermaterial irgendwie, ja,
vollständiger vor.
Aber wieder zurück zum Eigentlichen:
In Anschluss an deinen hochchaotischen Kampf folgt Pinkies Selbstrichtung (zumindest darf man das ob des halben Cliffhangers annehmen). Holzhammer, hier hast du deine Blüte. Alles in allem erträglicher als die unnötige Flutter-Folter und mit einigen, recht interessanten Ideen gespickt, aber deutlich schwächer als die erste Hälfte von 6-6, die auf brauchbare Weise einen Ausblick geschaffen hat, was nach dem Angriff von Trixie den geneigten Leser und vor allem deine bemitleidenswerten Kreaturen noch alles erwarten wird oder erwarten könnte.
Auf die Vielzahl an Kleinigkeiten (aber auch größeren Punkte) werde ich nicht mehr eingehen, weil es keinen Zweck hat (mir ist die Mühe, die damit verbunden wäre, jedenfalls zu groß) und, wie schon gesagt, nicht unbedingt nötig ist. Die Geschichte funktioniert, obwohl du dich gerade "öffnest". Mehr Leute, mehr Handlungen, mehr Orte; alles wird größer, weiter, höher, schneller. Dein bisher recht gedankenloses Vorgehen (weniger in Punkto Worldbuilding als in Hinsicht deiner rein formellen Struktur) kann dir nachwievor zum Genickbruch gereichen, deswegen wünsche ich mir (mal wieder) einfach mehr Sorgfalt.
Selbstverständlich hast du jede Menge Ideen, Prämissen und Vorlieben mit denen ich nichts oder nur wenig anfangen kann; damit kann ich aber leben. Menschen sind verschieden und als Autor möchte man sowieso am liebsten nur seine Vision aufs Papier klatschen und der Rest der Menschheit hat das dann entsprechend gebührend zu feiern. Aber da die Realität ungefähr so arschig wie deine Antagonistenriege von A bis Z ist, tätest du wahrscheinlich nicht nur mir einen höchstexquisiten Gefallen, wenn du vor dem Schreiben zwei Mal nachdenkst, ob das wirklich (ganz, ganz wirklich) sein muss.
Aber ehrlich gesagt, soviel Pragmatismus muss sein, wird das nicht geschehen. Doch wer bin ich dich zu zwingen gutgemeinte Ratschläge anzunehmen?
Zum Abschluss, obwohl nicht mein Usus, mal eine indirekte Punktevergabe. 6-1/6-2 rangieren in höheren Sphären, allein weil hier einmal der Eindruck erweckt wurde, dass du dich tatsächlich um deine Geschichte als Ganzes kümmerst und nicht nur die nächste, superaffengeile, weil mit abgefahrenen Ideen vollgestopfte Szene im Kopf hast. 6-3 bis 6-6 rangieren im befriedigenderen Bereich; die Action hast du schon einmal besser (weil atmosphärischer) hinbekommen, die Schlacht selbst ist ein wunderbares Durcheinander und erinnert mich spontan an die politische Situation von Deutschland oder Italien. Dutzende, kleine Einheiten, die auf Teufel komm raus kein vernünftiges Ganzes bilden wollen und sich pernament selbst im Weg stehen. Mehr Struktur wird dir deswegen
ganz allgemein nutzen. Man kann nämlich auch Spontaneinfälle ganz gut implementieren, ohne gleich das bodenlose Fass voller Plotholes aufzumachen.
Bei deiner überaus freundlichen Cadence ist das z.B. recht ordentlich gelöst worden (obwohl ich sie an und für sich nicht mag), während ich mich beim Wonderland und dem göttlichen Pokémon-Duell von Discord und Luna heute noch fremdschämen möchte.
Also dann, bis zu Kapitel 7. Sowohl hinter, als auch vor den Vorhängen.