Zunächst gestattet mir bitte die Frage in den Raum zu werfen, warum dieser eigentlich sehr hilfreiche und zentrale Thema keinen Sticky hat? In der Fanartsektion wimmelt es ja geradezu von fixierten Hilfestellungen…
Es haben sich ja viele gute Tipps und Tricks angesammelt, die dann, nach dem Sturz ins Getümmel der Wörter, auch recht schnell zur Gewohnheit werden, sobald es eine Geschichte zu konzipieren gilt.
Was ich einbringen möchte, von dem ich erstaunt bin, dass es noch fehlt, ist einfach mal kleine Büchlein oder Websites zu suchen, die schlicht die ganze oder zumindest einen Großteil der Rhetorischen Mittel abdecken, damit zumindest die Palette von Methoden und Möglichkeiten mal verdeutlich wird, mit der in einem Text gearbeitet werden kann.
Ferner auch einfach mal die Aspekte des Erzählens überhaupt anzuschauen, also mit welchen Mitteln eine Erzählung strukturiert und ausgeschmückt werden kann, von der einfachen Analepse und Prolepse bis hin zur Frage der Fokalisierung.
Das ist beides etwas theoretisch, hilft auch nicht von jetzt auf gleich, aber ein Werkzeug, von dem man keine Kenntnis hat, damit lässt sich der Umgang auch nicht lernen. Rate sogar bei beiden lieber zur trockenen, langweiligen Theorie zu greifen, als zu versüßten pseudowissenschaftlichen Publikationen, die meist bereits einen bestimmten Anspruch an den Text stellen und diesen dann als wünschenswert vertreten, den ihr als Autor eures eigenen Textes nicht teilen müsst, vielleicht nicht mal als gut erachtet.
Sich das ganze anzutun ermöglicht auch den Umgang von diesen Instrumentarien in den Büchern, die ihr lest, zu erkennen, zu verstehen und, es bietet sich ja geradezu an, zu vergleichen. Warum funktioniert dies in Text A besser, als in Text B. Und warum gefällt mir A besser? Wegen der Satzstruktur?...der Wortvielfalt?...dem Umfang?…etc. – denn, nie vergessen: Ihr seid der Künstler. Der Text muss euren Ansprüchen genügen.
Aber, um den sich hier abzeichnenden Konsens zu widersprechen, um das zu erreichen, müsst ihr nicht viel lesen, sondern nur vielseitig. Den größten Fehlern, den ihr begehen könnt, ist viel zu lesen, euch bei eurer Lektüre aber nur auf einen in irgendeiner Form gearteten Kanon versteift zu haben. Lest außerhalb des Mainstreams, lest Autoren die keiner kennt – Gewinner des Deutschen Buchpreises oder des Literaturnobelpreises eignen sich herrlich dafür
– , über sämtliche Jahrhunderte und sämtliche Genres hinweg, bis hin zu Literatur, die euch Schmerzen bereitet beim Lesen. Denn ihr braucht Kontraste! Um für euch gutes und schlechtes zu erkennen wird ein Vergleich benötigt, der euch verständlich macht, warum ihr das eine für gut oder das andere für schlecht empfindet. Und dieser Vergleich findet sich bei den rigoros vorselektierenden großen Verlagen, die sich erdreisten für die gesamte Leserschaft schon darüber zu urteilen, nicht in dieser Stärke.
Als einzige kleine Anmerkung würde ich hier nur anfügen, verstärkt Autoren zu lesen, die in der gleichen Sprache schreiben, wie ihr und nicht nur übersetzt vorliegen, weil in einer Sprache zu schreiben eben ganz andere Anforderungen stellt, als in eine zu übersetzen.
Um noch die Praxis anzusprechen, könnte ich freilich mir wiedersprechend wieder Theorie anführen, wo es ja auch unzähliges zur Stilistik und nicht weniger Stilübungen gibt, aber was ich hier empfehlen würde, sofern es um generelle stilistische Vielfältigkeit geht, wäre sich etwas kleines, wirkliches kleines zu überlegen, beispielsweise die Beschreibung eines Tisches, und dieses immer und immer wieder versuchen anders zu schreiben, von der einfachsten – ‚Ein Tisch.‘ – bis zu einer seitenfüllenden Abhandlung zur Beschaffenheit der Maserung des Holzes. Was anderes steht in letzter Instanz in vielen Stilübungen meiner Erfahrung nach nämlich auch nicht drin.
Und für den Satz als einzelnen wird dies dann auch gern und schnell übertragen, indem einfach ein Teil des Paradigmas der partiellen Synonyme für ein einzelnes Wörter durchgerattert wird –Beispielsweise Nahrungsaufnahme: Er aß. Er schlang. Er fraß. Er schlemmte. Er dinierte. …etc. – dass es schon fast grotesk immense Zeiträume verschlänge einen Text zu schreiben.
Da würde ich raten einzugreifen, wenn euch beim wiederholten Lesen ein Wort zu häufig aufstößt, um dann im gezielten Kontext der Stelle Änderung vorzunehmen, wenn es eurem Stil entspricht, denn die bewusste Einschränkung auf wenige, sich wiederholende Wörter ist auch ein Stil.
Nun, soweit von mir, würde zwar gerne noch viel schreiben, es würde aber vermutlich dann ein wenig zu weit abdriften...