BlackT0rnado schrieb:Sollte, hätte, würde.
Wenn das Gegenteil eintrifft bin ich auf deine Reaktion gespannt.
Das kann ich dir jetzt schon sagen. Ich nehme die Entscheidung mit Entspannung zur Kenntnis und werde sie mir vielleicht mal bei einem Tee in Ruhe ansehen um genau nachvollziehen zu können wie das Gericht argumentiert hat. So auch schon hier geschehen, weil ich ein Politik-Nerd bin und die Frage: "Warum machen die das?" ernst meine wenn ich sie stelle. Persönlich freue ich mich dann über nicht erhöhte Rundfunkgebühren. Das ist der Vorteil, wenn man die Funktionsfähigkeit eines Systems nicht nach individuellen Entscheidungen bewertet.
Ich bin zwar ein großer Verfechter des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks, weil ich die gehobene Qualität der Berichterstattung wertschätze und den Effekt auf die Kunstfreiheit im Land wahrnehmen kann. Aber ich selbst habe genug Dinge die ich auch problematisch finde um einige Einsparungen definitiv zu begrüßen. Aber das ist auch rein subjektiv und kann ordentlich nach hinten losgehen. Ich persönlich könnte komplett auf die Sportberichte, Seifenopern und Kriminalserien verzichten. Andere Leute würden aber eventuell bei den Auslandskorrespondenten, der Satire, Kultur oder Dokus einsparen. Das wäre dann wiederum nicht in meinem Sinne. Natürlich, ich habe den Bias, dass relativ viele Künstler im Bekanntenkreis meiner Familie unterwegs sind, die ihre Bezahlung ganz oder teilweise aus diesen Beiträgen erhalten. Ich ärgere mich zwar über hohe Gehälter im dortigen Management, aber meine Bekannten und enge Familienfreunde will ich gleichzeitig nicht in die Arbeitslosigkeit abdriften sehen. Für mich sind die Beiträge also immer relativ, weil ich weis, dass davon Gehälter für gute Menschen mit wichtiger Arbeit bezahlt werden. Blablabla, alles hat Vor- und Nachteile und ab einem gewissen Zeitpunkt muss man sich entscheiden ob man die Nachteile eines Systems gegenüber den Vorteilen akzeptiert. Das ist bei mir der Fall mit den ÖRR, die gerne reformiert werden dürfen, aber ich sitze da nicht mit Schaum vor dem Mund über der Rechnung.
BlackT0rnado schrieb:Vielleicht fühlte sich das Verfassungsgericht nicht für diesen Antrag verantwortlich, weil die Entscheidung eher Ländersache bleiben sollte und nicht bei einem Gericht landet.
Da muss ich dich sofort enttäuschen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag abgelehnt. Eilanträge sind von der Klage erst einmal relativ unabhängig und haben bestimmte Zusatzhürden, weil sie immerhin einen Status Quo während der Verhandlungsdauer klären sollen. Die wichtigste Hürde ist, dass dem Antragsteller ein nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht, wenn das Gericht nicht sofort eingreift. Gilt im Privaten, gilt auch in Verfassungsfragen und das Gericht sah es nicht als erwiesen an, dass eine verspätete Beitragserhöhung bereits geeignet wäre den ÖRR irreversibel zu schädigen. Es ist den Vertretern des ÖRR nicht gelungen darzulegen, dass ein eingeschränktes Programmangebot bis zu einer späteren Gerichtsentscheidung nicht später vielleicht durch eine Strafzahlung für das Land Sachsen Anhalt ausgeglichen werden könnte.
Ja, auch das kann ein Ergebnis sein, dass das Verfassungsgericht festlegt, dass Sachsen Anhalt nicht nur die Beitragserhöhung akzeptieren muss, sondern auch gezwungen wäre die ÖRR großzügig für entgangene Investitionen zu entschädigen. Ehrlich gesagt klingt die Entscheidung des BVerfG auch etwas danach, dass man mit diesem Szenario im Hinterkopf bereits arbeitet und deswegen natürlich jetzt nicht sieht, wieso die ÖRR nicht mal eine Weile mit weniger auskommen könnten, bis man die Höhe der Ausgleichszahlung durch Sachsen Anhalt festgelegt hat. Der jetzt angesetzte Rotstift könnte also in absehbarer Zeit schon als Rechnung auf dem Tisch des Ministerpräsidenten liegen.
Und was deine Vermutung angeht, dass sich das Verfassungsgericht vielleicht nicht zuständig fühlt. Die Spekulation kann man natürlich äußern, du hättest dir aber auch die Zeit nehmen können die tatsächliche Entscheidung einfach mal zu lesen. Da kann man sich Spekulationen mit ersparen. Ich zitiere:
Bundesverfassungsgericht schrieb:Die Verfassungsbeschwerden sind weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet [...] Angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erscheint eine Verletzung der [...] Rundfunkfreiheit zumindest möglich.
Klare Aussage hier. Auch wenn hier nur über den Eilantrag entschieden wurde. Die Sache sieht sich das Gericht genauer an.
Quelle
BlackT0rnado schrieb:Aus meiner Laiensicht ist der Fall für mich abgeschlossen wenn ein Bundesland halt nicht zustimmt, sonst bräuchte man eine solche Abstimmung gar nicht erst zu führen, wenn man bei einer Nein-stimme, seinen Willen durchdrückt.
Weshalb du dir auch bitte in Rechtsfragen immer professionelle Hilfe durch einen Anwalt suchst.