hier mal der fall zum thema "entreißen von handtaschen" und raub und zum "entwickelten widerstand des opfers":
http://www.jura.uni-frankfurt.de/ifkur1/prittwitz/2010_SS/Pflichtfachbereich/Strafrecht_III/Tutorien/Fall_9_L__sung.pdf
ist zwar nicht von meiner uni, aber ich hab das ebenfalls so gelernt.
"2. Tatkomplex: Strafbarkeit des M hinsichtlich O
Strafbarkeit des M gem. §§ 249 I, 251 StGB
I. Verwirklichung des Grunddelikts
1. TBM
a. Obj. TB
(1) Fremde bewegliche Sache = Tasche der O (+)
(2) Wegnahme (+)
(3) Qualifizierte Nötigungsmittel: Gewalt gegen eine Person (+)
Fraglich ist, ob das Entreißen der Handtasche Gewalt iSd § 249 darstellt. In dem
Entreißen der Tasche liegt „körperlich wirkender Zwang“. Zudem ist erforderlich, dass
dieser der Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstandes dient. Im
vorliegenden Fall ist aufgrund des Festhaltens der Tasche (Gegenwehr) durch O von
einem geleisteten Widerstand auszugehen. Die Gewaltanwendung ist daher zu bejahen.
(4) Finalzusammenhang
Der Begriff des Finalzusammenhangs bezeichnet einen Zweckzusammenhang zwischen
der Wegnahme und der qualifizierten Nötigung. Der Finalzusammenhang ist daher zu
bejahen, sofern der Einsatz des Nötigungsmittels die Wegnahme zumindest bezweckt.
Hier: M hat der O die Tasche gewaltsam entrissen um so mit dieser und dem darin
befindlichen Geld davon fahren zu können. Der Einsatz der Gewalt seitens M
(gewaltsames Entreißen) beweckt daher die Wegnahme der Tasche. Daher (+)
b. Subj. TB
c) Vorsatz bezüglich aller obj. Merkmale (+)
d) Zueignungsabsicht (+)
2. RWK (+)
3. Schuld (+)
II. Erfolgsqualifikation gemäß § 251 StGB
1. Eintritt und Verursachung des Todes
Der Tod ist in der Regel durch den Raub verursacht, wenn er aus dem Einsatz der
raubspezifischen Nötigungsmittel resultiert. M hat derart feste an der Tasche der O
gezogen, dass diese durch die Wucht auf den Bürgersteig gestürzt ist und aufgrund des
Sturzes und des Schrecks einen Herzinfarkt erlitten und stirbt. Der Tod der O ist daher
eingetreten und M hat diesen auch verursacht.
Tutorium Strafrecht III – SS 2010
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2. Spezifischer Risikozusammenhang zwischen Grunddelikt und qualifizierter Folge
(Gefahrverwirklichungszusammenhang)
Der Tod der O muss „durch den Raub“ verursacht sein. D.h. es muss sich in dem Eintritt
des Todes gerade die dem Grundtatbestand anhaftende spezifische Gefahr
niederschlagen. Das Raubdelikt muss folglich unmittelbar zum Erfolg (Tod) geführt
haben.
Hier: Wird darauf abgestellt, dass O unmittelbar nach dem Sturz auf den Bürgersteig, d.h.
in Folge der Gewaltanwendung des M stirbt, so ist der spezifische Risikozusammenhang
zu bejahen. Wird dagegen darauf abgestellt, dass nur der Sturz nicht jedoch der Schock
der O unmittelbare Folge des Raubes ist, so kann der Gefahrverwirklichungszusammenhang
verneint werden. Ersteres ist besser vertretbar, da Raub zu den Delikten
zählt, die typischerweise einen Schock bei den Betroffenen auslösen. Je nach
Argumentation und Auslegung des SV hier beides vertretbar. (+/‐)
3. Leichtfertigkeit hinsichtlich der Todesfolge und dem spezifischen
Gefahrverwirklichungszusammenhang
Leichtfertigkeit bedeutet grobe Fahrlässigkeit. Der Täter handelt leichtfertig iSd § 251
StGB, sofern sein Handeln in besonderer Weise sorgfaltswidrig ist (qualifizierte
Pflichtwidrigkeit), das heißt der Täter aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober
Unachtsamkeit (Leichtsinn) außer Acht lässt, dass bei seinem Handeln der Todeseintritt
besonders nahe liegt (qualifizierte Vorhersehbarkeit).
Hier: Fraglich ist, ob das Handeln des M auch leichtfertig war. Beim Opfer O handelt es
sich um eine alte Dame. Dies könnte dafür sprechen, dass ein Todeserfolg besonders
nahe lag. Jedoch ist selbst bei gebrechlichen Menschen grundsätzlich nicht davon
auszugehen, dass diese an einem Sturz sterben. M handelte daher nicht leichtfertig.
III. Ergebnis
M hat sich nicht gem. § 251 StGB strafbar gemacht.
Es bleibt jedoch bei der Strafbarkeit des
M gem. § 249 I StGB bezüglich O."