(05.11.2014)JaCDesigns1 schrieb: [ -> ]Sagt mal, was würdet ihr mir sagen/raten, wenn ich tatsächlich die ernsthafte Idee habe, ein Bahnunternehmen zu gründen, welches die Strecke Hamburg-Berlin(-Dresden) im Takt bedient und dabei so ungefähr die (positiven) Eigenschaften der WESTbahn aufnimmt à la kostenloses WLAN, Fahrkartenverkauf im Zug...
Und das mehr als eine simple Protestidee darstellt?
Da würde ich sagen: nimm Geld in die Hand. Und zwar richtig viel davon. Millionen.
Als Einzelunternehmung ist sowas absolut nicht zu machen, es sei denn, du hast zufällig einen 20-Mio-Lottojackpot geknackt, und selbst dann ist es nicht ratsam. Wenn, dann solltest du unbedingt eine Kapitalgesellschaft gründen - eine GmbH oder eine AG, alles andere ist nicht sinnvoll.
Du würdest also Fernverkehr fahren wollen. Gut, heißt: kein Rumärgern mit Verkehrsverbünden, und die Tarife kannst du nach deinem Gutdünken gestalten.
Du brauchst: geeignetes Rollmaterial. Viel Erfolg beim Suchen; wenigstens 160 km/h schnell sollte dein Rollmaterial ja schon sein, und das gibt es nicht so häufig. Neufahrzeuge? Dann bist du mal ganz schnell, wenn du wirklich einen Takt aufmachen willst, mit runden 50 Mio dabei. Dazu kommen Werkstattkapazitäten für die Fahrzeugwartung und Instandhaltung; eventuell kann das als Dienstleistung in einer schon vorhandenen Werkstatt eingekauft werden.
Um überhaupt einen Bahnbetrieb führen zu dürfen, mußt du entweder selber die Berechtigung zum
Eisenbahnbetriebsleiter haben oder einen solchen einstellen. Ferner brauchst du natürlich Personal; wieviel, hängt davon ab, wie dicht der Takt sein soll und wieviel deine Leute im Zug während der Fahrt machen sollen / was du an Leistungen im Zug anbieten willst, sowie natürlich auch von der Anzahl der Fahrzeuge und deren technischer Ausstattung.
Dann solltest du rechtzeitig mit der Planung anfangen. Zum Zügefahren braucht es entsprechende Fahrplantrassen - um einen reinen Taktverkehr zu bekommen, kannst du gerade auf dieser stark nachgefragten Strecke getrost drei Jahre (kein Schreibfehler, ich schreibs auch gern nochmal: drei Jahre) vorher deine Wünsche anmelden, damit du auch wirklich einen Taktverkehr bekommst und nicht irgendeinen Stolpertakt. Aber Achtung: das ist eine absolute Premiumstrecke, die ist teuer. Die kostet richtig klotzig Geld. Dazu kommen die Stationsgebühren für deine sämtlichen planmäßigen Bahnsteighalte inkl. Start und Ziel, die sind gerade in diesen Städten auch gepfeffert - zumindest, wenn du vom für die Reisenden attraktiven Hamburger Hbf oder gar noch Altona losfahren und paar Zustiegshalte im Stadtgebiet (sag mal Altona, Dammtor, Hbf; das sind die "Klassiker") anbieten willst. In Berlin siehts nicht anders aus, Berlin Hbf tief dürfte höchste Kategorie und damit teuerste Kategorie sein, Dresden Hbf ist auch mindestens zweithöchste Kategorie. - Ein "Experiment" und günstig zur Kostensenkung wäre es vielleicht, deine Linie nicht die wahnsinnsteuren Hauptbahnhöfe, sondern kleinere, schlechter ausgestattete und damit billigere Vorstadtbahnhöfe bedienen zu lassen, nur hast du dann wieder schlechte Karten, wenn Fahrgäste mitfahren, die vor und nach deinen Zügen mit anderen Zügen fahren, also zu anderen Zielen umsteigen wollen - die fahren dann nämlich nicht mit dir, weil sie in Dresden-Hellerau oder in Berlin-Schönefeld keine attraktiven Umsteigeverbindungen vorfinden.
Sind die Fahrten geplant, alles gebucht und alles vorhanden, kann es losgehen - deine Anfangsinvestitionen für so eine Linie können aber, wie du sicher schon gesehen hast nach den obigen Zeilen, mal ganz locker die 100-Mio-Euro-Grenze knacken. Und die wollen erst mal wieder eingespielt sein... und laufende Kosten wie Energie, Personal und Werkstatt gibt es ja außerdem noch. Öffentliche / staatliche Zuschüsse kannst du vergessen, da gibt es keine. Muß alles über die Fahrkarten wieder reinkommen. Sind deine Fahrpreise aber zu hoch und/oder du fährst keine attraktiven Halte an / hast an deinen Halten keine attraktiven Umsteigebeziehungen (auch zum regionalen Nahverkehr, gerade in Berlin und Hamburg), fahren weniger Leute mit dir mit. Sind deine Preise zu niedrig, fährst du in die Verlustzone.
Man kann es auch abkürzen: eigenwirtschaftlichen Fernverkehr auf der Schiene anbieten ist in Deutschland schwer. Sauschwer. Bisher sind außer dem ALEX in Bayern inzwischen ALLE Anbieter wieder daran gescheitert... selbst der relativ langlebige InterConnex Leipzig - Berlin hat den Betrieb eingestellt, weil die Preiskonkurrenz durch die Fernbusse zu erdrückend wurde.
Es gab schon einige Versuche, privaten Fernverkehr anzubieten...
aber wie gesagt - gehalten hat sich bisher niemand, nur ALEX in Bayern und auch der nur, weil es schlicht keine brauchbare Alternative in dieser Region gibt. Auf deiner Wunschstrecke hingegen gibt es jede Menge Alternativen, der Wettbewerb dort dürfte also richtig hart und knackig werden.
Meine Beurteilung der Erfolgsaussichten: laß es lieber. Geld in heftigen Größenordnungen verbrennen und in den Sand setzen kann man auch einfacher und mit weniger Nervenaufwand haben.