Fast unwesentlich nimmt sich dagegen die Episode aus meiner Vergangenheit aus:
Wir befinden uns inzwischen im Jahr 2003, ich bin inzwischen Zugbegleiter beim Fernverkehr in Mainz. Es ist später Abend, ich habe Feierabend, habe meinen Kram im Spind im Bahnhof eingeschlossen und bin auf dem Weg den Bahnsteig 1 entlang Richtung Fahrrad-Abstellung, wo mein Fahrrad auf mich wartet. Ebenfalls auf Gleis 1 steht ein Nahverkehrszug, der stand schon vorhin vor vielleicht 20 Minuten da, als ich mit meinem Kram hoch bin zu den Spinden... hab mir nichts weiter dabei gedacht, was weiß ich, was das für 'ne Gurke ist (d.h. wann und wohin der fahren soll).
Jedenfalls entdeckt mich einer der Mitarbeiter vom Bahnschutz (DB Sicherheit, die als Streifen in den großen Bahnhöfen unterwegs sind) und freut sich sehr, mich zu sehen. Denn: der Zug, der da in Gleis 1 steht, ist eine heute wegen "Rhein in Flammen" oder irgendwas in der Art zusätzlich fahrende Regionalbahn nach Bingen (Rhein) Hbf...schön und gut... nur ein Problem: aus unerfindlichen Gründen fehlt diesem Zug der Zugführer! Und ohne den kann er nun mal nicht fahren - stimmt auch, ist auch richtig, es ist ein Zug aus Buntling-Flachwagen (n-Wagen), und die kann man als Tf nicht alleine fahren, die müssen begleitet werden - gerade wegen der Abfertigung an den Bahnsteigen. Frage also: könnte ich den nicht mal eben bis Bingerbrück bringen...? Naja, kein großes Problem für mich, ich hatte ohnehin nichts weiter Wichtiges vor... sorgt also dafür, daß ich von da aus zurückkomme, dann können wir das schon machen. - Au prima!!! Sofort zückt er sein Handy und ruft an: die Transportleitung vom Nahverkehr ist ja froh, daß der Zug endlich ans Fahren kommt, und selbstverständlich sofort bereit, mir einen Taxi-Gutschein für die Rückfahrt nach Mainz zu faxen (was anderes fährt um diese Zeit nicht mehr zurück). Nun denn, so sei es... ich hole also schnell meinen Krempel von oben aus dem Spind, derweilen trudelt auch das Fax ein - wunderbar. Ansonsten ist der Zug vorbereitet, also beim Fdl fahrbereit melden, es wird auch direkt grün - und Abfahrt. Fahrt verläuft ohne Probleme, alles wunderbar, die Leute sind zufrieden, daß sie um diese Zeit überhaupt noch auf ihre Dörfer kommen, der Zug kommt aus Mainz weg (der gehört nämlich nach Bingen um diese Zeit), alles bestens.
Denkste!
Natürlich wollte ich auch meine Zeit als Arbeitszeit angerechnet haben - waren glaub 1,5 oder 2 Stunden. Am nächsten Tag wußte auch schon mein Gruppenleiter Bescheid... und natürlich durfte ich prompt zum Gespräch bei ihm... wie ich dazu komme, ich weiß doch genau, daß das unterschiedliche Bereiche sind... und wie soll denn das jetzt verrechnet werden... unterschiedliche Bereiche...
... ich hab ihn dann kurzerhand abgewürgt: ihr erzählt uns doch immer, wir sollen kundenorientiert denken und handeln!
Oder etwa nicht?! Und es ist wohl kaum kundenorientiert, den Zug mangels Personal einfach ausfallen zu lassen und den Fahrgästen spät abends / nachts zu sagen: ätsche-bätsche, Pech gehabt, seht zu, wie ihr heimkommt!
- Najaaa, da ist schon was dran... aber das ist doch das Problem vom Nahverkehr und nicht vom Fernverkehr! - Ach nein?! Interessiert aber die Reisenden nicht!! An den Wagen steht genauso das DB-Logo dran wie an unseren Intercities oder ICEs, diese Aufteilung in einzelne Bereiche wissen wohl wir, aber nicht die Fahrgäste, man kann es ihnen schlicht nicht plausibel machen, und es ist und bleibt nicht kundenorientiert, ihnen einfach den Zug ausfallen zu lassen, wiewohl einer da ist, der als Zugführer die Leistung übernehmen kann!
Also was jetzt - sollen wir nun kundenfreundlich denken und handeln oder nicht?!
Daraufhin war Ruhe im Salon... grummelnd und zähneknirschend bekam ich meine Arbeitszeit geschrieben, verbunden natürlich mit dem Hinweis, daß es sowas normalerweise nicht gäbe und ich auf die Trennung der Bereiche zu achten hätte... jaaa-jaaa, blablabla, alles fein, von mir aus. - Ein paar Monate später hatte sich das Zugbegleitdienst-Thema ohnehin erledigt gehabt.
Ja, das waren mal paar solche Geschichten aus der Vergangenheit... mal ein paar Beispiele von "oberen Etagen" und ihrem "Nutzen" für den alltäglichen Betrieb.