18.11.2014
(18.11.2014)Odinsson schrieb: [ -> ]Spoiler (Öffnen)Wirtschaftswoche schrieb:Warum die Lokführer streiken, interessiert doch keine Sau mehr. Die Gewerkschaft mobilisiert das ganze Zug-Personal. Die wollen also den Krieg mit den Kunden. Zeit für uns Bahnfahrer zurück zu schikanieren. Ein kleiner Rache-Ratgeber für den gepflegten Gegenschlag.
Selber schuld. Der Lok-Führerkult, den die GDL um ihren Chef Claus Weselsky und seine Mitglieder dieser Tage betreibt, mag den Bahnern schmeicheln. Auf Außenstehende wirkt er einfach nur unfassbar anmaßend. Und so treten in der Öffentlichkeit die Ziele der GDL in den Hintergrund. Dank der Lokführer diskutieren die Deutschen stattdessen nun alles von "Ist da jemandem mental ein Radreifen gebrochen?" bis "Sollte man in systemrelevanten Firmen das Streikrecht beschneiden?"
Natürlich macht das Streikrecht Sinn. Durch nettes Lächeln allein gehen die Löhne nicht nach oben. Und es ist bestimmt ein herrlich kribbeliges Gefühl in der Seele der Lokführer, zu beobachten, was für eine Macht sie gemeinsam haben.
In der Lok merkt selbst der Bordcomputer häufig nur, dass ein Lokführer bei der Arbeit ist, wenn dieser in regelmäßigen Abständen auf den Totmann-Knopf drückt, um zu zeigen, dass er nicht eingeschlafen ist.
"Streikbrecher wird zum Kompliment"
Und welcher Fahrgast läuft schon vor an die Zugspitze, um nach der Fahrt Danke zu sagen? Jetzt heißt es: Ohne die Lokführer steht Deutschland still. Geil! Alleine für dieses Ego-Doping hat sich das Streikrecht schon gelohnt.
Aber man kann das, was erlaubt ist, auch missbrauchen. Und insgeheim sagen sich doch Tausende: "Streikrecht super. Aber diesem Dingsbums, diesem Witschnufski oder wie der heißt, dem sollte doch endlich einer das Handwerk legen."
Streikbrecher, früher noch ein Schimpfwort für unsolidarische Opportunisten, ist bei der Bahn mittlerweile ein Kompliment für einen Menschen mit Herz und Verstand.
Na, die Bundesregierung wird da hoffentlich Fakten schaffen. Auf dass die Arroganz der GDL so richtig schön nach hinten losgehe.
Aber bis es soweit ist, bleibt uns Kunden nur, unseren Frust zurückzuleiten. Dorthin, wo er hergekommen ist. In den Zug. Frust über eine vermurkste Woche. Allein in meinem Kollegen- und Freundeskreis entfallen am Wochenende bei rund einem Dutzend Leuten ein Kurzurlaub in Weimar, Reisen nach Berlin zu den Mauerfall-Feiern und ein lange geplantes Treffen unter Freunden in Süddeutschland. Die Leute sind allesamt am Brodeln.
Das schreit nach Rache am streikenden Zugpersonal. Aber nach welchem System? Ich wüsste da was: Missbrauchen Sie doch auch mal das Erlaubte. Nach dem Streik kann es direkt losgehen.
Rache an der Bahn
1. Beginnen wir mit den Lokführern. Der schwierigste Brocken. Die sitzen da vorne in ihrem Kabuff an ihrem Knopf - ganz ohne Kundenkontakt. Ein Kollege machte den Vorschlag: "Auf offener ICE-Strecke vorm anrasenden Zug einen Sprung auf die Gleise antäuschen."
Ich dachte kurz nach: "Och nö, bei dem Herbstwetter sind die Bahndämme so matschig. Das ruiniert die Schuhe. Und ein gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr steht im Strafgesetzbuch. Das ruiniert die Karriere."
Nein, die Lokführer missbrauchen ihr gutes Streikrecht, missbrauchen wir doch einfach unser gutes Recht als Kunden. Wir bezahlen unser Ticket für einen Zug, der nach Fahrplan fährt. Kommt er zu spät in den Bahnhof eingefahren, reagieren Sie mit dem von mir so genannten Chronografen-Affront. Stellen Sie sich an den Bahnsteig, halten Sie Ihren Arm in die Luft und tippen Sie vor den Augen des Lokführers mit den Fingern auf Ihre Armband-Uhr. Eine kleine unhöfliche Geste mit großer Wirkung beim Lokführer: Da kommuniziert ein Fahrgast tatsächlich einmal mit ihm und dann gleich solch eine Provokation. Da geht der Puls hoch.
Das Gute: Wie beim Streik den Kunden, trifft es auch hier den Falschen. Denn meistens kann der Lokführer gar nichts für die Verspätung. Der fleißige Druck auf den Totmann-Knopf macht den Zug ja auch nicht pünktlicher.
Ich habe die Geste vor Jahren mal zusammen mit Freunden bei einer Straßenbahn ausprobiert, die ohne Info zwanzig Minuten zu spät kam. Vier Leute in einer Reihe am Gleis mit erhobener Uhr. Die Antwort kam nach dem Einsteigen per wutschnaubender Durchsage durch den ganzen Zug: "An die Herren, die gerade so doof an ihre Uhr geklopft haben: Was kann ich denn dafür, wenn auf der Strecke eine Baustelle ist?" Nichts. Aber so wussten wir wenigstens den Grund. Und als kleiner virtueller Tritt in den Hintern taugt die Armbanduhrgeste allemal.
...Ohne Worte